EU-Urteil verändert Arbeitswelt

TRIER. (wie) Das so genannte Ärzte-Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit gelten, hat über die Krankenhäuser hinaus Auswirkungen. Jeder, der Bereitschaftsdienst am Arbeitsplatz schiebt, kann es für sich in Anspruch nehmen. Etwa bei der Berufsfeuerwehr.

Bereits seit 1993 gibt es eine EU-Richtlinie, die die wöchentliche Maximal-Arbeitszeit auf 48 Stunden festlegt. Auch der Europäische Gerichtshof urteilte bereits zwei Mal (zuletzt Anfang September), dass Bereitschaftsdienste von Krankenhausärzten als volle Arbeitszeit gelten. Trotzdem gibt es in Deutschland erst ab Januar ein entsprechendes Arbeitszeitgesetz. Doch bis dahin müssen öffentliche Arbeitgeber, bei denen die Mitarbeiter Bereitschaftsdienste schieben, zittern. Denn, so der Trierer Anwalt und Arbeitsrechtler, Thomas Schmidt, das jüngste EUGH-Urteil gilt nicht allein für Krankenhausärzte sondern für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die Bereitschaft am Arbeitsplatz haben und zwar bereits jetzt auch ohne entsprechendes Gesetz. Per Klage könnten sie auf Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeitszeit pochen. Mit der normalen Schicht kommen die Betroffenen nämlich schnell über die erlaubten 48 Wochenstunden. 70 Stunden sind für Krankenhaus-Ärzte keine Seltenheit. Auswirkungen hat das Urteil etwa auch für die Berufsfeuerwehr Trier. 24 Stunden dauert eine Schicht, danach haben die 16 Feuerwehrleute einen Tag frei. Laut Feuerwehr-Chef Herbert Albers-Hain sind seine 95 Mitarbeiter im Schnitt 52 Stunden in der Woche im Dienst, ein Großteil davon ist Ruhezeit. Die ist nach dem EUGH-Urteil vom September aber als volle Arbeitszeit anzurechnen. Konsequenz: Die Berufsfeuerwehr muss genau wie die Krankenhäuser Personal einstellen, um die vorgeschriebenen Arbeitszeiten einzuhalten. Doch Albers-Hain macht sich keine Illusionen: "Das dauert mit Ausbildung mindestens fünf Jahre bis das benötigte Personal da ist." Wie er bis dahin die vorgeschriebenen Arbeitszeiten einhalten soll, weiß er nicht. Nicht anders geht es auch den anderen Arbeitgebern. Denn auch für Rettungsdienste oder die Bereitschaftspolizei dürfte das Urteil Auswirkungen haben, genauso wie für Labor-Mitarbeiter oder OP-Pfleger in Krankenhäusern, die Bereitschaftsdienste haben. In einigen Krankenhäuser wird mittlerweile darüber nachgedacht, statt Bereitschaft Schichtdienste einzuführen, mit einer eigenen Bereitschaftsschicht. Aber auch dafür fehlt derzeit noch das Personal.

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