Eurogruppe genervt

Riga/Athen · Eigentlich sollte Griechenland bis Ende April konkrete Reformen präsentieren und dafür eine dringend benötigte Hilfszahlung erhalten. Daraus wird nach dem ergebnislosen Treffen in Lettland wieder nichts. Die Eurogruppe reagiert zusehends genervt.

Riga/Athen. Ohne eine Einigung mit der griechischen Regierung ist auch das Treffen der Euro-Finanzminister am Freitag in der lettischen Hauptstadt Riga zu Ende gegangen. Damit ist de facto die letzte Chance verstrichen, dass das am 20. Februar vereinbarte Prozedere für den Abschluss des zweiten Kreditprogramms noch eingehalten werden kann. Die Eurogruppe hatte vor gut zwei Monaten verabredet, dass Athens Finanzminister Gianis Varoufakis bis spätestens Ende April eine umfassende Liste mit EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds abgesprochener Reformvorhaben vorlegen und im Gegenzug die ausstehenden 7,2 Milliarden Euro für seine quasi leere Staatskasse erhalten solle.
Die Reformgespräche mit den einst Troika genannten Finanzinstitutionen geraten jedoch immer wieder ins Stocken, wie die Minister in Riga erneut erfuhren. "Es hat gerade in den vergangenen Tagen einige positive Signale gegeben, aber es gibt immer noch große Differenzen zu überbrücken", so Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem: "In den letzten zwei Monaten ist zu viel Zeit verschwendet worden, und die Verantwortung dafür trägt vor allem die griechische Regierung." Der Niederländer sagte, die Ministerrunde sei Varoufakis gegenüber "sehr kritisch" gewesen. Das war Diplomaten zufolge untertrieben. So habe Athens Finanzminister Übereinstimmung mit den meisten Reformprojekten festgestellt und daher eine Teilauszahlung der Hilfsrate verlangt - so wie dies am Abend zuvor einem griechischen EU-Diplomaten zufolge auch Premier Alexis Tsipras bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel beantragt hat.
"Die anderen Minister haben Varoufakis dann direkt gefragt, ob er in einer anderen Welt lebe, und gesagt, dass sie es leid sind, dass auf Ankündigungen keine Taten folgen", sagte ein Sitzungsbeobachter dieser Zeitung: "Zwar hat keiner die Griechen direkt aufgefordert, die Eurozone zu verlassen, aber es gab vor allem vonseiten kleinerer Staaten eine Art ,Dann-geh-doch-nach-drüben\'-Stimmung." Selbst EU-Währungskommissar Pierre Moscovici drohte nach der Sitzung indirekt, rasche Verhandlungserfolge seien nun "die einzige Lösung, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen, dass Griechenland in der Eurozone verankert ist".
Dringend mehr Tempo forderte auch EZB-Chef Mario Draghi, der die Lage des griechischen Bankensystems nicht zuletzt wegen der hohen Zahl an Geldabhebungen als labil bezeichnete. Die Institute sind in hohem Maße von Notfallkrediten der Euro-Zentralbank in Frankfurt abhängig. Zuletzt haben Staatsbetriebe sogenannte T-Bills erworben - einer der Gründe dafür, dass der teilweise bereits für Mitte April vorhergesagte Staatsbankrott bisher noch nicht eingetreten ist. Athen holt sich Diplomaten zufolge auch Geld bei Gemeinden und Universitäten.
Eurogruppenchef Dijsselbloem kündigte allerdings auch für die nächste reguläre Ministersitzung am 11. Mai keine Entscheidung, sondern nur eine weitere Bestandsaufnahme an. Damit deutet sich immer stärker an, dass das neue und aller Wahrscheinlichkeit letzte Ultimatum Ende Juni sein wird, wenn auch die viermonatige Verlängerung des zweiten Hilfsprogramms endet - eine abermalige Verlängerung unter anderem durch den Bundestag gilt zumindest bisher als faktisch ausgeschlossen.
Ratlosigkeit herrschte am Freitag darüber, wie in den wenigen Wochen bis dahin auch noch eine Nachfolgeregelung gefunden werden kann für die Zeit nach Juni, da Griechenland seinen Gläubigern im zweiten Halbjahr einen zweistelligen Milliardenbetrag zurückzahlen muss. Um eben dafür genug Zeit zu haben, war für die politischen Gespräche über den Abschluss des zweiten Programms Ende April das Datum festgelegt worden.

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