Europa Europäer ringen um Geld und Solidarität

Brüssel · In Brüssel haben die Verhandlungen über den milliardenschweren EU-Haushalt im nächsten Jahrzehnt begonnen. Zahlt Deutschland mehr?

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, 2.v.r) lächelt im Gespräch mit Xavier Bettel (2.v.l), Premierminister von Luxemburg, und Donald Tusk (r), EU-Ratspräsident, während des Eu-Sondergipfels. Merkel und ihre EU-Kollegen beraten bei einem Sondergipfel in Brüssel über Aufgaben, Schwerpunkte und Finanzen der Europäischen Union nach dem Austritt Großbritanniens.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, 2.v.r) lächelt im Gespräch mit Xavier Bettel (2.v.l), Premierminister von Luxemburg, und Donald Tusk (r), EU-Ratspräsident, während des Eu-Sondergipfels. Merkel und ihre EU-Kollegen beraten bei einem Sondergipfel in Brüssel über Aufgaben, Schwerpunkte und Finanzen der Europäischen Union nach dem Austritt Großbritanniens.

Foto: dpa/Geert Vanden Wijngaert

Das Bild hat Symbolwert. Bei klirrend kalten Temperaturen und vor strahlend blauem Himmel schlendern drei Staats- und Regierungschefs gemeinsam zum Tagungsort des Brüsseler EU-Gipfels. Links der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, rechts der italienische Regierungschef Paolo Gentiloni. Sie rahmen die deutsche Bundeskanzlerin ein.

Diese personelle Formation muss man sich merken. Sie dürfte in den Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU, die am Freitag in Brüssel angelaufen sind, den Ton angeben. Klar ist, es wird wieder ein Langstreckenlauf werden, bis sich die Mitgliedstaaten untereinander und dann auch noch mit dem Europaparlament geeinigt haben, wie viel Geld und mit welchen Schwerpunkten die Europäische Union von 2021 bis 2027 ausgeben will. Zum Auftakt diskutieren sie erstmals in der großen Runde die Prioritäten des nächsten EU-Haushalts.

Dabei geht es schon mit der banalen Frage los: Mehr oder weniger Geld für Brüssel? Es gibt einen Viererclub unter den Nettozahlern der Mitgliedstaaten, die mit zugenähten Taschen zum Gipfel anreisen: Der niederländische Regierungschef Mark Rutte, der Österreicher Sebastian Kurz, der Däne Lars Lokke Rasmussen sowie sein schwedischer Kollege Stefan Löfven erklären einmal mehr, dass es aus ihren Etats nicht mehr Geld für Brüssel geben soll. Auf der anderen Seite stehen die drei Regierungschefs, die demonstrativ gemeinsam zum Gipfelort schlendern. Merkel sagt seit Wochen, dass ihr die EU mehr Geld wert ist. Aus dem Umfeld von Macron und Gentiloni hört man, dass sie dabei wären.

Deutschland, Frankreich und Italien werden wohl auch eine Bank bilden, wenn es um das zweite wichtige Thema geht. Die drei EU-Kernländer sind sich einig, dass sie die Verteilung von EU-Geldern an neue Bedingungen knüpfen wollen. Merkel hatte es im Bundestag einen Tag zuvor angesprochen: Vom tätigen Einsatz in der Flüchtlingsaufnahme und von der Treue zu Rechtstaatlichkeit und europäischen Werten wolle sie künftig abhängig machen, wie viel Geld ein Mitgliedstaat aus dem Brüsseler Haushalt bekommt. Klar ist, welche Länder im Fokus der Kanzlerin sind. Polen und Ungarn, die selbst nach einer Verurteilung durch den EuGH keine Flüchtlinge aus Griechenland und Italien übernehmen wollen und wo die Unabhängigkeit der Justiz ausgehebelt werden soll. Aber auch Bulgarien und Rumänien dürfen sich angesprochen fühlen, wo viele EU-Gelder in den Fängen der organisierten Kriminalität landen, wo der Staat in beängstigendem Maße Beute ist von Mafia und Korruption.

Entsprechend deutlich fällt beim Gipfel die Gegenwehr gegen Merkels Pläne aus. Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite ist kategorisch dagegen: Die EU-Mittel aus den Strukturfonds seien laut EU-Vertrag für die Angleichung der Lebensverhältnisse bestimmt, „und nicht für irgendetwas anderes“. Österreichs Kanzler Kurz signalisiert ebenfalls Widerstand. Und auch die Kommission ist nicht begeistert. Präsident Jean-Claude Juncker befürchtet, dass der Haushaltsstreit die Gemeinschaft noch weiter entzweien könnte. „Ich wünsche keine neue Spaltung in Europa, davon hatten wir genug.“

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