Ex-Fans gegen Ex-Vorsitzenden

Berlin. Seit Sonntag ist der Kanzler aus dem Italien-Urlaub zurück, der deutsche Alltag hat ihn wieder. Und wie: DieAttacke seines IntimfeindesOskar Lafontaine hat Gerhard Schröder die Laune vermiest. Doch konnte sich der Kanzler freuen, wie entschieden seine Parteifreunde quer über die Flügel den Quälgeist von der Saar in die Schranken wiesen.

Viele Genossen würden den ehemaligen Parteichef am liebsten aus der Partei werfen, aber das hält sein Nachnachfolger Franz Müntefering für keine gute Idee: Innerhalb der Partei sei Lafontaine "leichter zu handhaben". Das ist eine Ausflucht. Tatsächlich scheut sich die SPD-Spitze (noch), ausgerechnet ihrem früheren Star und Volkstribun die rote Karte zu zeigen. Zudem ist Schröder und Müntefering bewusst, dass"Oskar" trotz aller Querschüsse noch immer über ein beträchtliches Sympathie-Potenzial in der Partei verfügt. Sie wollen ihn nicht zum Märtyrer machen, der dann völlig außer Kontrolle geriete. Deshalb hat der Kanzler es auch abgelehnt, offiziell auch nur ein Sterbenswörtchen zu Lafontaines Frontalangriff ("Schröder muss weg") zu sagen. "Nicht jede Äußerung im öffentlichen Raum ist es wert", sagte sein Sprecher Hans Langguth, "vom Bundeskanzler persönlich kommentiert zu werden." Müntefering redete dafür um so mehr. Im WDR sagte er am Montag, Lafontaine sei nicht integrierbar, er habe keine Chance mehr in der SPD. Bislang habe er den früheren Vorsitzenden noch respektiert aufgrund seiner Verdienste für die SPD. Doch nach der "Kampfansage", sich notfalls in einer anderen Partei oder Gruppierung für Schröders Sturz zu engagieren, sei die Geduld der SPD-Führung erschöpft: "Die (Kampfansage) soll er jetzt haben. Das wird er sehen", sagte Müntefering in drohendem Unterton. Und der Ex-Fan des Ex-Vorsitzenden setzte noch eins drauf: Lafontaine sei "einer aus dem vergangenen Jahrhundert". Er wolle eine "Politik der Illusionen", werde mit seiner Position aber grandios scheitern und ziemlich allein in der Ecke stehen. Willy Brandt (auf den Lafontaine sich berief) "würde sich im Grabe umdrehen, wenn er das hört". Derweil schwoll der Chor der Genossen an, die Lafontaine den Parteiaustritt nahe legten. Selbst die Linken in der SPD, die ihrem früheren Vormann zeitweise noch ein gewisses Verständnis entgegen gebracht haben, sind empört über Lafontaines "privaten Rachefeldzug" (SPD-Fraktionsvize Gernot Erler). Ob Präsidiumsmitglied Andrea Nahles, Wolfgang Jüttner (SPD-Chef Niedersachsen), Hubertus Heil (Netzwerk), Klaas Hübner (Seeheimer Kreis) oder Ute Vogt (Vorsitzende Baden-Württemberg), allesamt gingen sie auf Distanz. Selbst die Sozialdemokratin Eva Gürster aus Köln, die für den Internet-Kettenbrief "Schröder muss gehen" verantwortlich zeichnet, lehnte Lafontaines Konsequenz, notfalls in einer anderen Partei gegen Schröder kämpfen zu wollen, rundweg ab. Der umstrittene Ex-Vorsitzende zeigte sich indes, zumindest offiziell, "unbeeindruckt von den unsachlichen Reaktionen". Der "Bild"-Zeitung sagte er am Montag, er wolle weiterhin mit der Saar-SPD, die noch für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit eintrete, für den Erfolg bei der Landtagswahl am 5. September kämpfen.

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