Exitus mit Folgen

Das ist Wasser auf die Mühlen der "Kammer-Jäger": Ein Geschäftsführer sammelt im Namen der Industrie- und Handelskammer Trier Unterschriften für einen Kandidaten der Vollversammlung. Die wiederum soll die Kammer eigentlich kontrollieren.

In den Augen derjenigen, die in der Vertreterin von rund 23 000 Unternehmen in der Region Trier lediglich eine Geldeintreiberin und Unterstützerin großer Betriebe sehen, verstößt dieser Fauxpas nicht nur gegen die guten Sitten, sondern zeugt auch von fehlender Distanz zwischen Teilen der Geschäftsführung und Einzelinteressen der Mitglieder. Verständlich, ist Rudolf Heibel doch selbst Jurist, der solche "Annäherungsversuche" per se abzulehnen hätte. Damit hat er der Kammer und ihren Anliegen einen Bärendienst erwiesen. Der Trierer IHK bleibt nichts anderes übrig, als nach der geglückten Reform der internen Verwaltungsstrukturen nun auch politische Verflechtungen, wirtschaftliche Freundschaften und personelle Bande auf den Prüfstand zu stellen. Daraus aber den Schluss zu ziehen, das Kammerwesen oder wenigstens die Zwangsmitgliedschaft abschaffen zu wollen, greift zu kurz. Gäbe es keine Kammern, müssten zusätzliche Staatsbeamte Aufgaben wie die Wirtschaftsförderung übernehmen. Doch wer will schon ein Mehr an Bürokratie? Das Kammer-Aus bedeutete zudem ein reales Handicap für kleine und mittlere Betriebe. Seit 1956 sind die Kammern quasi per Gesetz zur Objektivität verpflichtet. Fachverbände dagegen repräsentieren nur Einzelinteressen und nicht die Gesamtwirtschaft. Über die Zwangsmitgliedschaft lässt sich trefflich streiten. Angesichts der fehlenden Repräsentanz kleiner Betriebe bundesweit sollten sich die Kritiker - zumeist selbst Ein-Mann-Unternehmer - allerdings bewusst machen: Bei freiwilliger Mitgliedschaft ziehen gerade größere Betriebe die Macht an sich, die kleinen kommen unter die Räder. Die Kammern sind verpflichtet, allen gegenüber unabhängig, kundenorientiert und kritisch zu sein. Dass manche Kammer daran öfter mal erinnert werden muss, zeigt nicht zuletzt die Trierer Affäre Heibel. s.schwadorf@volksfreund.de

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