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Klimareport schockt auch deutsche Politik Der weltweite Schock, den der neue Weltklimareport der Uno mit seinen düsteren Zukunftsszenarien auslösen sollte, ging gestern auch an der Berliner Politik nicht vorbei.

Schnelles Handeln ist gefordert, weil laut Bericht der Erde bis Ende des Jahrhunderts eine Klimaerwärmung um bis zu 6,4 Grad Celsius droht. Die Folgen wären auch für Deutschland katastrophal. Im Alpenraum würde es dann keine Gletscher mehr geben. Laut dem Klima-Chefberater der Bundesregierung, Hans Joachim Schellnhuber, käme es durch einen ungebremsten Klimawandel noch in diesem Jahrhundert in Ostdeutschland zu Tendenzen der Versteppung. Bei einem Schreckensszenario von einer Erderwärmung um fünf Grad Celsius könne die Sahara bis nach Berlin reichen, so Schellnhuber. Der Meeresspiegel werde bis Ende des Jahrhunderts im Extremfall um zwei Meter steigen. Dadurch könnten Inseln verschwinden. Andere Klimaforscher warnten gestern vor den verheerenden Folgen für die Küstenstädte, Hochwasser und Überschwemmungen wären ohnehin an der Tagesordnung. Nach Ansicht von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) müssten EU-weit die schädlichen Treibhausgase bis 2020 um 30 Prozent verringert werden, "wenn man eine Erderwärmung unterhalb von zwei Grad halten will". Nur: Es fehlt innerhalb der EU eine gemeinsame Linie. Gabriel rechnet mit einem Kraftakt, die Ziele der EU-Kommission bei den Beratungen des EU-Frühjahrsgipfels Anfang März durchzusetzen. Demnach solle Europa den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 30 Prozent senken, wenn es zu Verhandlungen auch mit anderen Ländern darüber komme. Das Mindestziel liegt bei 20 Prozent. "Davor scheuen sich eine Reihe von Staaten", sagte Gabriel. Allerdings trägt auch die Bundesregierung bei der Klimaschutzpolitik ihre Scharmützel mit der EU-Kommission aus: Dabei geht es um strengere Vorgaben für deutsche Fabriken und Kraftwerke im Rahmen des Emissionshandels und vor allem um striktere Abgasnormen für Neuwagen ab 2012. Eine Beilegung ist noch nicht definitiv in Sicht. Die EU-Umweltminister wollen nun möglichst bis Juni zu einer gemeinsamen Position im Abgasstreit kommen, dann wäre wiederum die Kommission mit der Ausarbeitung einer Richtlinie am Zuge. Umweltverbände forderten gestern ein schnelles Durchgreifen bei der Klimapolitik. Das Taktieren und Feilschen um möglichst unverbindliche Klimaschutzvorgaben wie derzeit für die Automobilindustrie müsse aufhören, so der Präsident des Naturschutzbundes (Nabu), Olaf Tschimpke. Gabriel forderte die Energiewirtschaft zu Investitionen auf, "die nach 2012 dazu beitragen, noch weiter CO2-Emissionen zu reduzieren". Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte für die kommenden drei Jahre ein Technologieforschungsprogramm über 255 Millionen Euro an. "Um den Klimawandel in vertretbaren Grenzen zu halten, müssen wir intensive Forschung betreiben und intelligente technologische Lösungen finden", so die Ministerin.Hagen Strauß

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