Fan des Klassenfeinds hört heimlich Radio

TRIER. (red) Tor! Tor! Tor! Deutschland ist Weltmeister! Zahlreiche Leser des TV haben diese Worte Herbert Zimmermanns zur Fußballweltmeisterschaft am 5. Juli 1954 nicht mehr vergessen. Heute veröffentlichen wir weitere originelle Zuschriften und Stellungnahmen per Telefon und Fax.

Wer hatte zu dieser Zeit einen Fernseher? Damals fuhr ich mit dem Fahrrad von Ensdorf nach Saarlouis. In einem Elektrofachgeschäft war ein Fernseher im Schaufenster aufgestellt. Bürgersteig und Straße war von hunderten von Menschen besetzt. Die Begeisterung der Zuschauer war riesig. Jedes Mal, wenn die Straßenbahn kam, mussten wir die Straße räumen und danach erneut einen guten Platz erkämpfen. Es war ein schöner und aufregender Tag. Siegfried Görgen, Reinsfeld Ich lag im Elektrogeräte-Regal der Firma Elektro-Abele in Daun, als Rahn das Tor zum 3:2 schoss. Die Werkstatt war ausgeräumt. Mindestens 50 Männer saßen dort vor dem Schwarz-Weiß-Fernseher. Für uns Jungen (ich war 14 Jahre alt) war kein Platz mehr. Aber die Regale waren ausgeräumt. Dort war Platz in Hülle und Fülle. Die Sache hatte nur einen Haken, sitzen konnte man nicht, aber liegen konnte man wunderbar. Und so erlebte ich das Wunder von Bern - liegend!Werner Wagner, Daun "Tor, Tor, Tor - Deutschland ist Weltmeister." Diesen Kommentar - er lässt es mir heute noch kalt den Rücken runter laufen - hörte ich, in einer 50 cm hohen Stellager zwischen Elektrokabeln und -bauteilen liegend, im Materiallager des Elektromeisters Alfred Abele in Daun. Dieser hatte ein Fernsehgerät in diesem Lagerraum aufgestellt, und es drängten sich 50 bis 60 Personen wie die "Heringe" in dem engen Kabuff. Ich hatte - damals 18 Jahre alt - noch einen Stehplatz auf einer Werkzeugkiste ergattert, trat diesen aber an meinen später eintreffenden Vater ab, weil der kleiner war. Ich kletterte dann, mich bäuchlings legend, in die Stellage und handelte mir drei dicke Kopfbeulen (für die deutschen Tore) ein.Franz Jung, Daun Das Endspiel war das erste Mal, dass ich in einen Gasthof durfte. Ich war gerade 16 Jahre alt. Das war ein Erlebnis, welches ich bis heute nicht vergessen habe.Georg Landwein, Föhren In dieser Zeit arbeitete ich als Lehrer an einer Schule der damaligen DDR. Der Schulleiter ordnete am Endspieltag noch eine Sonderkonferenz an, in der er alle Kollegen informierte, dass er erwarte, dass keiner die Radioübertragung aus dem kapitalistischen Ausland höre. Im Geheimen traf ich mich mit zwei Kollegen in unserer Wohnung, um die Reportage doch zu hören. Als es 2:0 für Ungarn stand, waren wir sehr traurig, doch meine Frau munterte uns auf und sagte: ,Deutschland gewinnt noch mit 3:2.‘ Als es dann Wirklichkeit wurde, war der Jubel unbeschreiblich groß. Am nächsten Morgen in der Schule mussten wir so tun, als habe uns dieses Großereignis überhaupt nicht berührt. Gerhard Haase, Gusterath Damals machte ich gerade meine Ausbildung zum Lokomotivführer. Wir waren auf dem Rückweg von Gießen nach Trier, und an jedem Stellwerk hingen Tafeln mit dem aktuellen Spielstand. So waren wir immer informiert.Siegfried Wengler, Trier Ich war auf einer Radfahrt von Mönchengladbach nach Trier unterwegs und machte am Tag des Finales in Burgen an der Mosel Halt, wo das Spiel in einem Gasthaus lief. Vor dem Spiel kannte ich niemanden, aber danach hatte ich viele neue Freunde gewonnen.Friedrich Stelten, Trier An dem Tag, als das Endspiel stattfand, feierte ich gerade meinen 25. Geburtstag und stand in Traben-Trarbach auf dem Tennisplatz. Als aus dem Clubhaus der Jubel über das Tor und das gewonnene Spiel rüberschallten, habe ich vor Schreck das Spiel verloren.Kriemhild Gendebien, Traben-Trarbach Nachdem die Nationalelf das Endspiel erreicht hatte, fuhren wir mit dem VW Käfer meines Onkels Stefan mit fünf Mann Besatzung nach Gonzerath ins Gasthaus Schmitz, um das bevorstehende Endspiel am Bildschirm zu verfolgen, denn in Bernkastel-Kues hatten wir 1954 noch keinen Fernsehempfang. Nachdem jeder zwei Flaschen Bier als Eintritt gekauft hatte, durften wir im voll besetzten Saal Platz nehmen. Nach dem Schlusspfiff kochte der Saal, wir lagen uns in den Armen und jubelten "Deutschland ist Weltmeister". Ein Mann sprang auf, rannte raus und lief mehrfach um die davorstehende Litfass-Säule und schrie unentwegt: "Weltmeister, Weltmeister, wir sind Weltmeister!!! Hermann Josef Schäfer, Bernkastel-Kues Wir sahen das Spiel damals mit allen Angestellten in unserem Wohnzimmer. Meine beiden älteren Söhne, die fünf und sechs Jahre alt waren, erinnern sich heute an nichts mehr, während mein Jüngster, damals vier Jahre, heute noch alles weiß.Eugenia Schüller, Trier Ich habe das Spiel als 19-Jähriger in einer Gaststätte gesehen, finde aber, dass man ihm heute zu viel Bedeutung beimisst. Andere Spiele waren damals genauso wichtig.Reinhold Gorges, Morbach Ich war 22 Jahre alt und verfolgte das Spiel in einem Gartenlokal in Haan im Rheinland über Lautsprecher. Es ist bis heutige die einzige Fußballübertragung, die ich je mitverfolgt habe.Irmgard Marx, Bernkastel-Kues Die Vorrundenspiele 1954 habe ich in Trier am Fernseher erlebt. Auf dem heutigen Busbahnhof in direkter Nähe zum ehemaligen TV -Standort war ein Fernsehgerät aufgestellt. Dort wurden die Spiele übertragen. Am "Weltmeistertag" 4. Juli 1954 war ich mit einer Jugendmannschaft des FC Großkampen, dessen Betreuer ich war, mit der Bahn nach Prüm zu einem Turnier gefahren. Nach dem Spiel unserer Jugendmannschaft verfolgten wir im Radio das spannende Spiel des Weltmeisterschafts-Endspiels Deutschland-Ungarn in Prüm in einer Gaststätte. Beim Spielstand von 2:2 mussten wir zum Bahnhof Prüm und fuhren wieder nach Hause. In der Endstation Bahnhof Üttfeld angekommen ertönte es aus dem Bahnhofslautsprecher: "Deutschland ist Weltmeister."Arnold Röder, Daleiden Als Junge (zwölf Jahre) nahm mich mein Vater am 4. Juli 1954 mit in seine Stammkneipe zur Live-Übertragung des WM-Finales zwischen Deutschland und Ungarn. Die Kneipe war total überfüllt, denn dort stand damals einer der wenigen Fernseher in meinem Heimatort. Vor lauter Zigarettenrauch konnte man den Bildschirm kaum erkennen, und durch den Lärm der Kneipenbesucher war auch der Reporter fast nicht zu verstehen. Es fiel das Tor zum 2:2, und die Kneipe glich einem Tollhaus. Dann war plötzlich Schnee auf dem Bildschirm, denn die Antenne war vom Dach gefallen, und genau zu diesem Zeitpunkt erzielte Helmut Rahn das siegbringende dritte Tor. Zum Glück hatte der Wirt in der Zwischenzeit sein Radio eingeschaltet, und so hörten alle die denkwürdigen Worte: Rahn schießt, Tor, Deutschland ist Weltmeister. Zum Glück habe ich dieses sensationelle dritte Tor später noch sehr oft "live" im Fernsehen gesehen.Erwin Esly Oberanven/Luxemburg

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