FDP-Fraktionschef Thomas Roth: "Ein Haifischbecken, und am Rand warten Krokodile"

Mainz/Trier · Er stand in der Kritik, weil er blasse Reden hielt und seinen Chauffeur rauswarf. Thomas Roth hat keine einfachen Monate als FDP-Fraktionschef hinter sich. Nun erzürnte er die Union mit einem AfD-Vergleich. Der Landtagsabgeordnete Alexander Licht bringt schon eine Absetzung des FDP-Politikers ins Spiel.

Nach Trier fährt Thomas Roth gerne im Sommer, wenn es heiß ist. Dann setzt er sich mit seinen zwei Hunden ins Eiscafé Calchera und schaut zu, wie die Menschen durch die Porta Nigra in die Stadt strömen. "Das ist ein Moment der Stille, den ich genieße", sagt der 56-Jährige. Als FDP-Fraktionschef im rheinland-pfälzischen Landtag sucht Roth solche Momente oft vergeblich, wie auch den Sonnenschein. Meistens prasselt da Kritik auf ihn ein.

Wie vergangene Woche, als er in Mainz über den Haushalt sprach. Die CDU nannte Roth da eine "AfD light". Ein Satz, der in der Union ein politisches Erdbeben auslöste.

Alexander Licht, stellvertretender Fraktionsvize, schickte dem FDP-Politiker einen Brief, der dem TV vorliegt. Darin schreibt der CDU-Landtagsabgeordnete von einer "Entgleisung", die "beleidigend" und "ehrabschneidend" sei. Der Brauneberger fordert von Roth nun eine persönliche Entschuldigung. Die CDU arbeite mit der FDP in Kreisen wie Bernkastel-Wittlich vertrauensvoll zusammen, in dem Licht wohnt. Das gewachsene Verhältnis beschädige Roth.
Kritiker des FDP-Fraktionschefs sagen, der Vergleich passe zu den ersten Monaten im Landtag, in denen Roth in einige Fettnäpfchen getreten sei. Wenig glücklich nehmen Beobachter die Reden des 56-Jährigen wahr, die blasser und inhaltlich weniger ausgefeilt wirken als die politischer Routiniers wie CDU-Chefin Julia Klöckner oder SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer.Rascher Aufstieg zum Politprofi

Roth gibt zu, anfangs kein Politikprofi gewesen zu sein. Er ist ein Quereinsteiger, der früher für die ARD-Sendung "Herzblatt" von Rudi Carrell Kandidaten aussuchte, als Unternehmensberater arbeitete und nach den Wahlen im März rasch vom Kommunalpolitiker zum Fraktionschef aufstieg, weil der Landesvorsitzende Volker Wissing das Wirtschaftsministerium übernahm. Politische Reden zu halten sei er von früher nicht gewohnt, er müsse sich da verbessern, sagt Roth: "Ich rede so, wie mir der Schnabel gewachsen ist."

Auf dem für ihn unbekannten Eis der Landespolitik spürte Roth früh, wie schnell man ausrutschen kann. Persönliche Schlagzeilen setzten ihm zu, weil er seinen Chauffeur nach zwei Wochen gefeuert hatte. Er habe sich selber mal ans Steuer gesetzt und es dem Fahrer zeigen wollen, stand in einem Bericht. Befürworter des FDP-Fraktionschefs sagen, der Fahrer sei schlicht überfordert gewesen. Roth schweigt zu den Gründen. Er sagt nur, er habe vor der Entlassung des Kosovo-Albaners "alles sozial Verträgliche" gemacht, damit es ihm gutgehe. Der Mann sei zurück in einem festen Arbeitsverhältnis und damit sehr glücklich. Und auch ein anonymes Schreiben belastete Roth, in dem das Gerücht gestreut wurde, der Politiker habe nie studiert. An der Uni Mainz war er aber einige Semester eingeschrieben, ohne abzuschließen. Mit beglaubigten Scheinen entkräftete er die Vorwürfe.

Inhaltlich halten Kritiker ihm vor, seine Fraktion habe bislang zu wenig Impulse gesetzt. Roth hält dagegen, die FDP sei keine Oppositionspartei wie die AfD, die nur Überschriften produziere und Inhalte mit heißer Luft. Die Fraktion trage die liberale Handschrift der Regierung mit - und die sei klar zu erkennen (siehe Extra). Doch ganz los lassen Roth die Vorwürfe offenkundig nicht. Was er im Politikbetrieb gelernt hat? "Ich wusste, ich gehe in ein Haifischbecken. Dass dann noch ein paar Krokodile am Rand warten, damit hätte ich nicht gerechnet", sagt er.

Vieles habe er lernen müssen. Und ausgelernt hat Thomas Roth gewiss nicht. Selbst in der eigenen Partei gibt es Zweifel, ob "AfD light" eine kluge Aussage gewesen ist. Die Union hat er damit gegen sich aufgebracht. Alexander Licht findet, ein Fraktionschef wie Roth müsse die Tragweite seiner Aussagen einschätzen können. Klare Worte lässt der CDU-Politiker in seinem Brief so nicht vermissen. Der Landtagsabgeordnete schreibt: "Sollten Sie tatsächlich nicht zu einer Entschuldigung bereit sein, kann ich der FDP nur empfehlen, alsbald für Ihre Ablösung als Vorsitzender der Fraktion Sorge zu tragen."Extra

Thomas Roth ist Westerwälder mit einem Bezug zur Mosel: Der Vater des FDP-Fraktionschefs stammt aus Trier, seine Frau studierte dort. Der 56-Jährige sagt, in den ersten Monaten der Ampelkoalition sei bereits eine deutliche liberale Handschrift erkennbar. Das Land investiere 600 Millionen Euro bis 2021 in die Landstraßen, treibe den A-1-Lückenschluss voran und den Meister-Bonus. Zudem gebe es mit der FDP deutlich weniger Windkraftanlagen als unter Rot-Grün. Roth ist aber nicht nur Politiker, sondern auch Buchautor. Als Tom Roth fasst er sein Leben als Internatsschüler in "Versetzung gefährdet" zusammen. flor