FDP-Sturm klagt: Match in der Schlussphase verpfiffen

Berlin · Noch bis heute können FDP-Mitglieder über die Initiative von Euro-Rebell Frank Schäffler abstimmen. Morgen werden die Stimmen ausgezählt; das Ergebnis wird vor-aussichtlich erst am Freitag bekanntgegeben. Für die Parteiführung ist die Sache allerdings bereits gelaufen - zu ihren Gunsten.

Berlin. Ob denn nicht die Parteizentrale unparteiisch sein müsse, wenn die Basis zur Entscheidung gerufen werde, wurde FDP-Generalsekretär Christian Lindner gestern gefragt. Lapidare Antwort: Für den Mitgliederentscheid sei die Bundesgeschäftsführerin Gabriele Renatus zuständig, und die verhalte sich strikt neutral. "Der Parteivorsitzende aber und auch der Generalsekretär sind in dieser Sache Partei." So rechtfertigte der Führungsmann sein eigenes Vorgehen und das seines Chefs Philipp Rösler. Der hatte am Sonntag in einem Zeitungsinterview mitgeteilt, dass bisher nur 16 000 Stimmen abgegeben worden seien und dass somit bis zum Schluss der Abstimmung am Dienstag das notwendige Quorum von 21 500 gültigen Stimmen nicht mehr zu erreichen sei. "Das bedeutet: Frank Schäffler ist gescheitert", sagte Rösler über den Initiator des Mitgliederentscheids zur Euro-Rettung. Schäffler und seine Anhänger fühlen sich nun ein wenig so, wie sich Lindner und Rösler wohl fühlen würden, wenn der Bundeswahlleiter bei einer Bundestagswahl gegen 17 Uhr mitteilten würde, es lohne sich nicht mehr, FDP zu wählen, die schaffe die Fünf-Prozent-Hürde sowieso nicht. "Es kann nicht sein, dass die eine Seite über mehr Informationen als die andere verfügt und damit noch vor Beendigung der Abstimmung das Ergebnis beeinflusst", sagte der 42-jährige Euro-Rebell unserer Zeitung. Röslers Aussage demotiviere die Mitglieder, die ihre Stimme noch nicht abgegeben hätten. Dabei laufe die Abstimmung noch bis heute, es gelte der Poststempel vom 13. Dezember.
Schäffler will nun unabhängig vom Ausgang in der Partei darüber reden, "wie künftig Waffengleichheit bei Mitgliederentscheiden hergestellt werden kann". Das bezog sich auch auf andere, kleinere Ungereimtheiten im Verfahren, etwa darauf, dass der Stimmzettel die Gestalt einer Sonderausgabe des Mitgliedermagazins hatte und sich von sonstigen Ausgaben kaum unterschied. Oder dass dort die zwingend notwendige namentliche Versicherung getrennt vom Stimmzettel abgedruckt war, so dass viele sie abzugeben vergaßen. Bis zu 3000 Stimmen sollen deswegen ungültig sein.
Der Vizechef der niederbayerischen Liberalen, Christoph Zeitler, forderte wegen der "unübersichtlichen Zettelwirtschaft" schon den Rücktritt von Generalsekretär Lindner. Der befand, das Verfahren sei insgesamt "ein Gewinn für die FDP gewesen". Der liberale Europa-Abgeordnete Holger Krahmer hingegen sah das weniger euphorisch, wohl auch mit Blick darauf, dass der Generalsekretär am Vortag Schäffler noch als "David Cameron der FDP" bezeichnet hatte: "Wir müssen alle aufpassen, dass wir nach der Auszählung noch miteinander reden können."Extra

Für wichtige politische Fragen sieht die Satzung der FDP die Möglichkeit eines Mitgliederentscheids vor. Damit eine Basisbefragung zustande kommt, müssen wie im Fall der Euro-Rettung fünf Landesverbände, ein Drittel der Kreisverbände oder fünf Prozent der Mitglieder dies einfordern. Der Bundesvorstand kann parallel zur beantragten Formulierung einen Alternativantrag zur Abstimmung stellen. Beteiligt sich mindestens ein Drittel der Mitglieder an einem Entscheid, entspricht das Ergebnis einem Parteitagsbeschluss. Andernfalls wird er nur als Mitgliederbefragung gewertet. dpa

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