Fenster auf, Geld raus

BERLIN. Einmal im Jahr bekommt die Politik ordentlich etwas auf die Ohren: Immer dann, wenn der Bundesrechnungshof die Ergebnisse seiner Finanzkontrolle in Form der bei manchem unbeliebten "Bemerkungen” präsentiert.

Das war gestern der Fall - und siehe da, dem Fiskus gehen durch unnötige Ausgaben und verpasste Einnahmen pro Jahr Milliarden verloren. Wäre dem übrigens nicht so, könnte Finanzminister Hans Eichel (SPD) den Brüsseler Sparvorgaben wohl gelassen entgegensehen. Während Regierung und Opposition im Vermittlungsausschuss um den Subventionsabbau ringen, um die Streichung von Steuervergünstigungen oder um soziale Einschnitte, lässt sich der Staat laut dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, mal wieder fünf Milliarden Euro entgehen - mindestens. Seine Behörde legte gestern 82 Einzelfälle mit erheblichem Einsparpotential vor. Und wenn im kommenden Jahr der nächste Bericht veröffentlicht wird, könnte womöglich auch die momentan heiß debattierte Vergabe des teuren Beratervertrages durch den Vorstandsvorsitzenden der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, aufgeführt sein. "Wir werden das prüfen”, kündigte Engels an. Das Zeugnis, das die Behörde der öffentlichen Hand ausstellt, liest sich miserabel: Zu wenig Kontrollen, zu geringe Anreize, mit Mitteln sparsam umzugehen und manche Steuer wird noch nicht einmal konsequent eingetrieben. Die Folgen sehen so aus: Ausgerechnet das älteste Gewerbe der Welt könnte den Finanzministern weit mehr als zwei Milliarden Euro in die Kassen spülen, wenn Bund und Länder die Besteuerung im Rotlichtmilieu nicht vernachlässigen würden; stolze 750 000 Euro ließ sich das Robert-Koch-Institut den aufwändigen Umbau seiner Berliner Chefetage kosten, ohne dass jemand den Verstoß gegen das Haushaltsrecht ahndete; die Sanierung des Segelschulschiffs Gorch Fock kostete wegen Planungsfehlern statt 11,5 rund 21,4 Millionen Euro, aber niemanden störte der Kostensprung; die Appartements einer mit staatlichen Mitteln gebauten Tagungsstätte wurden über viele Jahre als Ferienwohnungen genutzt, ohne dass der Bund dies kontrollierte - erzielte Einnahmen flossen also auch nicht zurück. Und so weiter, und so weiter. Die Liste von Verschwendung und Sparpotentialen ist lang. Fazit: Der Staat verfüge noch über "erhebliche Spielräume” für Haushaltsentlastungen, sagte Engels. "Diese müssen wir nutzen, auch um die Akzeptanz für Reformen zu erhöhen.”

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