Fischer am Haken

Joschka Fischer ist ein weltweit hoch geschätzter Außenminister und deshalb auch der beliebteste deutsche Politiker. Ob es vor diesem Hintergrund von der Opposition politisch klug ist, ausgerechnet ihn sturmreif schießen zu wollen, steht auf einem anderen Blatt.

Legitim ist es allemal. Denn der grüne Sonnenkönig ist nämlich nicht nur ein kluger Diplomat, sondern auch eine selbstgerechte, arrogante Diva, die sich bisher für unangreifbar hielt. Dafür gibt es jetzt im Untersuchungsausschuss zur Visa-Affäre die verdiente Quittung. Fischer in Not aber bedeutet, das gesamte rot-grüne Koalitionsboot droht Schlagseite zu bekommen. In diese Lage haben sich die Strategen, allen voran der Außenminister selbst gebracht. Statt schon vor Monaten Klartext zu reden, aufzuklären, zu erläutern, sich für Fehler zu entschuldigen, blieb Joschka Fischer selbstgerecht und stumm. Dabei musste einem alten Hasen wie ihm doch klar sein, dass es bei Stichwörtern wie Schleuserkriminalität, Arbeiterstrich und Zwangsprostitution, begünstigt oder ausgelöst durch Erlasse des Außenministeriums, eng werden könnte. Fischer oder einer seiner verantwortlichen Mitarbeiter muss von diesen Vorgängen gewusst haben. An eindeutigen Warnungen vor dem massenhaften Missbrauch der liberalen Visa-Praxis hat es jedenfalls nicht gefehlt. Zur Aufklärung bedarf es keiner 1,7 Tonnen Akten, die aus Kiew nach Berlin gekarrt und gelesen werden müssen. Zumal die damit verbundene Verzögerung eine politische Dummheit ist. Denn das bedeutet: So lange hängt Fischer am Haken. d.schwickerath@volksfreund.de

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