Fischer kommt früher

BERLIN. Das hatte der Untersuchungsausschuss zur Visa-Affäre noch nicht erlebt – die Obleute von Koalition und Opposition lächelten gemeinsam in die Kameras, um eine "ganz gute Nachricht" zu verkünden: Joschka Fischer kommt.

Nach dem wochenlangen Hickhack um einen Vernehmungstermin für den Außenamtschef steht nun der 25. April als Datum fest. Zugleich verständigten sich die politischen Akteure auf weitere Zeugenaussagen bis zur Sommerpause. Der frohen Botschaft waren freilich allerlei strategische Ränkespiele vorausgegangen. So hatte die SPD ihr plötzliches Entgegenkommen mit einem konkreten Zeitplan für weitere 48 Zeugenanhörungen verknüpft, dem die Union so auf keinen Fall zustimmen wollte. Fast fünf Stunden lang brüteten die Ausschussmitglieder deshalb zum Teil in getrennten Runden. Natürlich war die Union vom SPD-Vorstoß erst einmal überrascht. Statt den Außenminister vier Wochen vor der schicksalsträchtigen Landtagswahl in Nordrhein einzubestellen, wollten die Sozialdemokraten eine Vernehmung so weit wie möglich verzögern. Doch der wachsende Druck sorgte offenbar für einen Sinneswandel. Insidern musste schon bei der morgendlichen Presselektüre klar sein, dass ein Überraschungscoup in der Luft liegen könnte. Via "Bild" hatte Fischer verkündet: "Ich habe ein Interesse daran, so schnell wie möglich auszusagen." Aber wann das sei, "bestimmt der Ausschuss", meinte er weiter. Eine dreiste Bemerkung. Denn kraft seines Ministeramtes hat der heimliche Ober-Grüne jederzeit die Möglichkeit, im Ausschuss Rede und Antwort zu stehen. Aber Fischers Ruf nach dem Ruf fügte sich trefflich in den rot-grünen Strategiewechsel ein. "Mit dem Lächeln eines Schachspielers", so ein Sitzungsteilnehmer, unterbreitete SPD-Obmann Olaf Scholz im Ausschuss den frühzeitigen Termin für die Fischer-Anhörung. Die Vertreter der Opposition fühlten sich auf dem falschen Fuß erwischt. Zwar hatte man den bedrängten Minister stets zu einer schnellen Aussage ermahnt. Doch die vermeintliche Gewissheit, dass es dazu nicht kommt, schwang dabei immer mit. Schließlich dürfte sich die öffentliche Aufmerksamkeit für den Untersuchungsausschuss schnell erschöpfen, wenn die politische Hauptperson zu Wort gekommen ist.

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