Flick-Versuche

Die Stoßrichtung der Asienreise von US-Außenministerin Rice ist klar: Zum einen sicherzustellen, dass die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängten Sanktionen gegen Nordkorea auch tatsächlich greifen.

Und zum anderen Nationen wie Japan beruhigen, die angesichts des Atomtest des Nachbarn und offensichtlich bevorstehender weiterer Nuklear-Experimente nun selbst mit der Atombombe liebäugeln, um ein Gleichgewicht der Abschreckung herzustellen. Ob Rice allerdings dauerhaften Erfolg haben wird, erscheint zweifelhaft. Die Sanktionen bieten allein in ihrem Wortlaut schon so viele Schlupflöcher, dass sich China beispielsweise gar nicht besonders anstrengen muss, diese heimlich zu umgehen. Und ein harter Umgang mit Pjöngjang widerspräche ohnehin dem Interesse Pekings, einen kommunistischen Verbündeten zu behalten, der als "Puffer" zwischen China und den US-Truppen in Südkorea dient und Washington dauerhaft beschäftigt. Angesichts dieses Szenarios stellt sich weiter die Frage, was unter der Aussage der Bush-Regierung zu verstehen ist, Nordkorea habe keine Zukunft als atomar ausgerüstetes Land. Denn ein Rezept, die Bomben wieder verschwinden zu lassen, hat Rice nicht. Auch die gestrigen Versicherungen der Außenministerin gegenüber Japan, man werde das "volle Arsenal" der US-Waffen zum Schutz Japans - sprich einen nuklearen Vergeltungsschlag - bereit halten, haben nur eine begrenzte Haltbarkeit. Denn gilt diese Aussage auch noch in zwei Jahren, wenn möglicherweise ein demokratischer Präsident in Washington das Sagen hat? Die Debatte über eine nukleare Aufrüstung hat in Tokio längst begonnen. Auch dies ist die Folge einer US-Außenpolitik, der es - auch unter Bush-Vorgänger Bill Clinton - stets an einem schlüssigen Konzept im Umgang mit Kim Jong Il fehlte. Was Rice nun unternimmt, sind verzweifelt anmutende Flick-Versuche. nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort