Flieger-Konkurrenz auf der Schiene

Es ist das gigantischste europäische Verkehrsprojekt der vergangenen Jahre: der Ausbau des französischen Hochgeschwindigkeitsnetzes in Ostfrankreich. Ein Projekt, von dem auch die Region profitiert.

Luxemburg. Fünf Jahre, 300 Kilometer, drei neue, zum Teil futuristische Bahnhöfe, vier Milliarden Euro: Es war eines der größten Bauprojekte der vergangenen Jahre in Frankreich. Vor ein paar Wochen wurde die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen dem Pariser Ostbahnhof zum lothringische Baudrecourt offiziell eröffnet. Von dort geht es entweder Richtung Saarbrücken und Frankfurt oder nach Straßburg und Stuttgart. Bis 2012 sollen die letzten rund 100 Kilometer zwischen Baudrecourt und Straßburg ausgebaut werden. Weitere zwei Milliarden Euro sind dafür veranschlagt. Dann geht es von Straßburg nach Paris noch eine halbe Stunde schneller. Die Hauptstadt und die Elsass-Metropole liegen per Bahn dann nur noch eine Stunde und 50 Minuten auseinander. Davon profitieren auch die Deutschen, weil über Straßburg und Karlsruhe auch Stuttgart an das TGV-Netz angebunden ist. Vom 10. Juni an halbiert sich die Fahrtzeit von der baden-württembergischen Landeshauptstadt nach Paris auf gut drei Stunden. Das Projekt "TGV Est Europeen" war von Anfang an als grenzüberschreitende Bahnverbindung geplant worden. Ohne eine Anbindung nach Stuttgart, Frankfurt, Basel und Luxemburg wäre der weitere Ausbau des französischen Hochgeschwindigkeitsnetzes auf nun insgesamt 1800 Kilometer nicht nur weniger attraktiv, sondern auch kaum zu finanzieren gewesen. Immerhin mit 241 Millionen Euro hat sich die EU beteiligt. Der größte finanzielle Batzen kam vom französischen Staat mit 1,2 Milliarden Euro, den Rest bezahlten die Staatsbahn SNCF und die ostfranzösischen Départements. Auch Luxemburg schoss 117 Millionen Euro zu. Preisschlacht freut Reisende

Die Deutsche Bahn investiert derzeit ebenfalls in den Ausbau der Gleise. Allein zwischen Saarbrücken und Ludwigshafen werden noch in diesem Jahr 50 Millionen Euro investiert.Ansonsten hat sich Deutschland nicht an dem TGV-Anschluss beteiligt. Allerdings stellt die Deutsche Bahn die Züge auf der Strecke zwischen Frankfurt, Saarbrücken und Paris. Statt des französischen TGV werden dort die deutschen Hochgeschwindigkeitszüge ICE 3 verkehren - in Konkurrenz zu den normalen ICE-Zügen. In Frankreich und Luxemburg ist man überzeugt, dass sich die Investitionen rechnen werden. Nach der Startphase geht man von mehr als elf Millionen Fahrgästen auf den neuen TGV-Strecken aus, 65 Prozent mehr als derzeit von Ostfrankreich, Saarbrücken oder Luxemburg aus nach Paris fahren. Vor allem für Geschäftsreisende dürften die Verbindungen attraktiv sein. SNCF und die luxemburgische CFL haben daher vor allem die Flugreisenden im Visier. Zwar beträgt die Flugzeit von Luxemburg nach Paris gerade mal die Hälfte der künftigen Fahrtzeit des TGV. Dafür entfällt bei den Zügen das Einchecken, und mit dem Ziel Paris-Ost ist man mitten in der Stadt. Bei der SNCF geht man davon aus, dass sich die Hälfte der elf Millionen Fahrgäste durch die Verlagerung vom Flugzeug auf die Schiene ergibt. So erklärt sich auch die Preisschlacht, die die französische Bahn angezettelt hat. Bis Ende August verschleudert sie TGV-Tickets zu Billigpreisen, etwa für 15 Euro ab Luxemburg oder 19 Euro ab Saarbrücken. Außerdem gibt es deutliche Frühbucherrabatte, ab 20 Euro ist bereits ein reguläres Ticket zu haben. Eine klare Kampfansage an die Fluggesellschaften. Der erste Erfolg ist bereits sichtbar: Laut SNCF hat sich die Zahl der Reisenden zwischen Luxemburg und Paris seit Juni vergangenen Jahres, seit der TGV testweise und noch mit gedrosselter Geschwindigkeit dort fährt, um 20 Prozent erhöht. i

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