Frankreichs Geschäft mit dem Krieg

Paris · Frankreich hält an der Lieferung seines Hubschrauberträgers Mistral an Russland fest - auch nach dem Flugzeugabschuss in der Ost-Ukraine. Dafür bekommt Präsident Hollande viel Kritik von seinen Kollegen der Europäischen Union. Doch für sein Land geht es auch um Geld und Arbeitsplätze.

Paris. Die Ware ist bezahlt und wird auch geliefert. Diesem kaufmännischen Grundsatz folgt der französische Präsident François Hollande, auch wenn es sich um ein 22 000 Tonnen schweres Kriegsschiff handelt. Ein erster Hubschrauberträger des Typs Mistral soll wie geplant im Oktober nach Russland geliefert werden. Daran ändert auch der Abschuss eines Linienflugzeugs über der Ukraine nichts, für den vermutlich pro-russische Separatisten verantwortlich sind.
Das stellte Hollande diese Woche klar. Auch wenn er im eigenen Land damit parteiübergreifend Zustimmung erntet, muss der Staatschef sich in der EU dafür viel Kritik anhören - vor allem von den baltischen Nachbarländern Russlands. "Nach einer solchen Brutalität gegen ein ziviles Flugzeug müssen wir Europäer die ,Mistralisierung\' unserer Politik beenden", forderte die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite unmissverständlich. Die ,Mistralisierung\' - das ist für sie der Verzicht der EU auf Werte und Sicherheitsinteressen zugunsten von Geschäften.
Für das krisengeschüttelte Frankreich steht mit dem Mistral-Deal viel auf dem Spiel. 1,2 Milliarden Euro zahlt Russland für die beiden ultramodernen Kriegsschiffe, die es vor drei Jahren in Auftrag gab. Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy hatte das Geschäft damals unterzeichnet. Russlands Präsident Wladimir Putin wurde damit zum ersten Kunden für den Hubschrau berträger, der gut in seine Pläne einer Modernisierung der russischen Armee passt.
Tausend Arbeitsplätze entstanden im westfranzösischen Saint-Nazaire, um die beiden Schiffe Wladiwostok und Sewastopol zu bauen. Und das in Zeiten, in denen die Arbeitslosigkeit in Frankreich mit rund 3,4 Millionen Menschen ohne Job eine Rekordmarke erreicht hat. Die Rüstungsindustrie ist da ein wichtiger Arbeitgeber, dessen Zuverlässigkeit durch annullierte Verträge leiden könnte.
In Saint-Nazaire sind ohnehin schon Tatsachen geschaffen. Dort werden seit Ende Juni 400 russische Marinesoldaten auf dem Hubschrauberträger ausgebildet. Das Aushängeschild der französischen Marine kann bis zu 450 Soldaten, 16 Hubschrauber und 60 gepanzerte Fahrzeuge transportieren - auch an die ukrainische Schwarzmeerküste. Der Mistral werde ja ohne Bewaffnung geliefert, heißt es zur Verteidigung in Paris. Doch eine solche Argumentation überzeugt kaum: "Der Mistral ist ein Kriegsschiff, auch wenn er keine Kanonen hat", bemerkte der Verteidigungsexperte François Heisbourg in Le Monde. Im Oktober sollen die Russen mit dem ersten Schiff, der Wladiwostok, in See stechen. Für die zweite Lieferung 2016 stellte Hollande allerdings Bedingungen: "Das wird von der Haltung Russlands abhängen."
Von einem möglichen EU-Waffenembargo wäre das Mistral-Geschäft aber ausgenommen: Die geplante Strafmaßnahme soll nur die künftigen Rüstungsdeals betreffen.

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