Freie Wähler im Land jubeln über Karlsruher Drei-Prozent-Urteil

Mainz · Große Freude bei den kleinen, Enttäuschung bei den etablierten Gruppierungen und Parteien in Rheinland-Pfalz: So gegensätzlich fallen die Reaktionen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Europawahl im Mai aus.

Der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Manfred Petry (60), schwelgt in Vorfreude. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das er als "klare Bestätigung unseres Demokratieverständnisses und Ohrfeige für Schwarz, Rot, Grün und Gelb" wertet, rechnet sich Petry große Chancen aus, als erster Kandidat der Freien Wähler aus Rheinland-Pfalz ins Europäische Parlament einzuziehen. Petry belegt auf der Bundeskandidatenliste Platz drei. "Jede Stimme zählt jetzt, keine geht verloren!", wirbt der Pfälzer. Er werde intensiv Wahlkampf führen und hoffe darauf, dass sich die auf kommunaler Ebene anerkannte Kompetenz der Freien Wähler auch in der zeitgleichen Europawahl am 25. Mai niederschlage.

Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) sieht "einen richtigen Grund zur Freude", wie es Heide Weidemann vom Landesvorstand ausdrückt. Die Chancen für die ÖDP "dürften wachsen, denn wir hätten ja bei der letzten Wahl schon einen EU-Abgeordneten gehabt, wenn es damals die Hürde nicht gegeben hätte".
Auch die Linken begrüßen die Gerichtsentscheidung als "richtigen Schritt in Richtung mehr Demokratie", dem weitere folgen müssten. Hürden wie die Drei-Prozent-Messlatte bei der Europawahl diskriminierten kleine Parteien und ihre Wähler.

Der FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing betrachtet die Botschaft aus Karlsruhe nüchtern. "Die Argumente sind stichhaltig", sagt er. Wissing ist überzeugt, das Urteil werde "die FDP nicht tangieren, weil sie klar über drei Prozent liegen wird".

Enttäuscht zeigt sich die rheinland-pfälzische Europaministerin Margit Conrad (SPD). Ohne die Drei-Prozent-Klausel wachse die Zersplitterung in kleinste Gruppierungen, "und das führt nicht zu mehr Einfluss der Bürger im EU-Parlament, sondern schwächt das Parlament im europäischen Gewaltensystem". Die Handlungsfähigkeit durch Mehrheitsbildung werde erschwert.

Ähnlich argumentiert der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen. Das Urteil belege "die bemerkenswerte Unkenntnis der Arbeitsweise in den europäischen Institutionen". Künftig werde es schwieriger werden, die deutschen Interessen zu vertreten, weil Mehrheitsentscheidungen mit noch mehr Splittergruppen vorzubereiten seien.fcg

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