Fremdenhass führt zu härterer Strafe

Berlin · Am Samstag tritt ein Gesetz in Kraft, mit dem die juristischen Konsequenzen aus den Morden des rechtsterroristischen NSU gezogen werden. Gerade rechtzeitig, denn es dürfte sich auch auf die massiven Angriffe gegen Flüchtlingsheime auswirken. Den Tätern drohen nämlich härtere Strafen.

Berlin. Künftig wird vor Gericht bei der Strafzumessung nicht nur das Vorleben eines Täters berücksichtigt oder seine Reue, sondern auch, ob es "rassistische, fremdenfeindliche und sonstige menschenverachtende Beweggründe" gab. Solche Motive wirken dann strafverschärfend. Das gilt auch für Angriffe auf Flüchtlinge.
Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte unserer Zeitung: "Wer Flüchtlingsheime anzündet oder Menschen angreift, die in ihrer Heimat alles verloren haben und bei uns Schutz suchen, muss die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen." Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden bereits 202 Anschläge gegen Flüchtlinge und ihre Heime registriert, von denen 173 rechtsextremen Tätern zugeordnet werden konnten. Das waren in sechs Monaten so viel wie im gesamten Vorjahr, und die Angriffe gehen weiter. Maas: "Die Neuregelung ist eine wichtige Klarstellung, dass bei rassistischen, fremdenfeindlichen oder sonstigen menschenverachtenden Motiven Null-Toleranz gilt."
Ein Ziel der Neuregelung ist auch, dass die Staatsanwaltschaften bei ihren Ermittlungen frühzeitig solche Motive aufklären und berücksichtigen. In der Vergangenheit war der ausländerfeindliche Zusammenhang von Straftaten mitunter ignoriert worden.
So spielten nach Medienrecherchen rechtsextreme Motive seit der Wende bei über 150 Tötungsdelikten eine Rolle, während die offizielle Statistik nur 63 zählte. Körperverletzungen wurden mitunter wie normale Wirtshausschlägereien behandelt, Anschläge als Sachbeschädigung eingestuft. Auslöser der aktuellen Gesetzesverschärfung waren jedoch nicht die aktuellen Übergriffe auf Flüchtlingsheime, sondern die Anschläge des terroristischen NSU, der gezielt Ausländer ermordete. Lange war die Serie als solche unerkannt geblieben. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hatte im August 2013 einen mehr als 1000-seitigen Abschlussbericht mit Empfehlungen vorgelegt, deren juristischer Teil nun umgesetzt wird.
"Das unsägliche Leid, das die Terroristen des NSU angerichtet haben, können wir nicht wieder gutmachen. Umso mehr haben wir die Pflicht, alles dafür zu tun, dass sich solche Taten nie wiederholen können", betonte Maas. Man habe die Lehren aus erkennbar gewordenen organisatorischen Defiziten bei den Ermittlungen gezogen.
Mit dem Gesetz werden die Zuständigkeiten des Generalbundesanwalts bei Straftaten dieser Art erweitert. Er wird früher in laufende Ermittlungen einbezogen werden und kann sie auch an sich ziehen. Die Aufnahme rassistischer und fremdenfeindlicher Motive als strafverschärfende Gründe in das Strafgesetzbuch geht über die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses hinaus, entspricht aber der Koalitionsvereinbarung. Man wolle damit, hieß es gestern im Justizministerium, auch "für das Gemeinwesen grundlegende Werte dokumentieren und bekräftigen".

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