Freude und Trauer zugleich

London. Nachdem die 15 britischen Marinesoldaten nach fast zwei Wochen Gefangenschaft im Iran nach Großbritannien zurückgekehrt sind, rätselt der Westen nun über den weiteren Umgang mit Teheran.

Es war ein Moment der Freude und der Trauer zugleich. Tony Blair trat in der Downing Street vor die Tür mit der Nummer 10. "Gerade als wir glücklich sind über die Rückkehr unserer Soldaten, erfüllt uns der Verlust unserer Soldaten in Basra mit Schmerz", sagte der britische Premierminister. "Das ist die Rückkehr zur nüchternen und grausamen Realität." Während seiner kurzen Ansprache landeten die 15 Freigelassenen aus dem Iran einige Kilometer weiter westlich auf dem Londoner Flughafen Heathrow. Kurz zuvor war die Nachricht vom tödlichen Anschlag im Irak gekommen. Vier britische Armeeangehörige, zwei Männer und zwei Frauen, starben durch eine Bombenexplosion in Basra. Sieben der fünfzehn freigelassenen Soldaten gaben am Karfreitag eine Pressekonferenz. Entgegen ihrer "Geständnisse", die sie im iranischen Fernsehen gemacht hatten, sagten die Soldaten, sie hätten iranisches Hoheitsgebiet mit ihrem Boot auf keinen Fall verletzt. Ihre Bewacher hätten sie psychologischem Druck ausgesetzt. Sie seien die meiste Zeit isoliert voneinander gewesen, zu Beginn hätten sie Augenbinden tragen und aufgereiht an einer Wand stehen müssen. Man habe ihnen gedroht: Entweder sie geben die Grenzverletzung zu und werden freigelassen, oder sie kommen für sieben Jahre ins Gefängnis. Ihre Auftritte im Fernsehen seien ein "abgekartetes Spiel" gewesen.Anschuldigungen und Rückzieher

Vom Tod ihrer Kameraden in Basra hatten die Soldaten auf dem Rollfeld in Heathrow erfahren. Es sei zu früh zu behaupten, dass der Anschlag in Basra vom Iran aus unterstützt worden sei, sagte Tony Blair. "Deshalb erhebe ich keine Anschuldigungen." Doch es gebe "Elemente im iranischen Regime, die Terrorismus im Irak unterstützen und finanzieren". Diesen Vorwurf hatten Großbritannien und die USA schon mehrfach erhoben. Die iranische Regierung hatte die Anschuldigungen zurückgewiesen. Die Ankunft der Freigelassenen war unspektakulär. Sie zeigten sich auf dem Rollfeld in Heathrow kurz den Medien. Dann stiegen die 14 Männer und eine Frau in Hubschrauber, die sie zu einem Marine-Stützpunkt nach Devon brachten. Nach fast zwei Wochen Gefangenschaft konnten die britischen Marinesoldaten ihre Familien sehen. Es habe mit dem Iran keinen Deal gegeben und keine Nebenabsprachen, betonte Tony Blair. "Ruhig und bestimmt" habe sich die britische Regierung in der Krise verhalten. Man werde jetzt "über die Beziehung zum Iran reflektieren". Bei aller Freude über die Rückkehr der britischen Soldaten gab es gestern in den Zeitungen auch Kritik an ihrem Verhalten. Einige Kommentatoren bemängelten, die Soldaten hätten sich allzu willig für die iranische Propaganda hergegeben. Als die Marinesoldaten Ahmadinedschad beim Abschied dankten, hätten sie sich verhalten "wie höfliche englische Schuljungen", hieß es in einem BBC-Interview. Tagelang waren die 15 Briten im iranischen Fernsehen vorgeführt worden und hatten dort ein "Geständnis" nach dem anderen abgelegt. Teheran untermauerte damit die Behauptung, die Royal Marines hätten mit ihrem Patrouillenboot von Irak aus iranisches Hoheitsgebiet verletzt. Wie es zu dem Zwischenfall kommen konnte, wird untersucht. Der Chef der Royal Navy, Admiral Jonathan Band, verteidigte seine Untergebenen gegen die Kritik. In den Streitkräften wird jetzt aber offenbar darüber nachgedacht, künftig auch einfache Soldaten einem Verhaltenstraining für den Fall der Gefangennahme zu unterziehen.

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