"Für mich war Biesdorf die Hölle"

Gegen das ehemalige katholische Internat im Eifel-Ort Biesdorf gibt es nach Missbrauchs- nun auch Misshandlungsvorwürfe. Mehrere inzwischen gestorbene Patres sollen in den 70er Jahren Schüler brutal geschlagen und gedemütigt haben. "Für mich war Biesdorf die Hölle", sagt ein Opfer.

Biesdorf. (sey) Glaubt man einem ehemaligen Biesdorfer Internatszögling, hatte Pater K. zwei Gesichter: "Meistens war der Lehrer ein fröhlicher, geradezu charmanter Zeitgenosse", erinnert sich der heute 46-Jährige im TV-Gespräch, "aber seine Wutausbrüche fielen umso drastischer aus. Dann schlug und trat er um sich, machte auch nicht davor halt, Schülern mit einer ausgezogenen Antenne oder einem Zeigestock blutige Striemen auf die Arme zu schlagen."

Szenen dieser Art soll es Mitte der 70er Jahre an dem Biesdorfer Gymnasium häufiger gegeben haben. Die 1922 als Missionsschule von dem katholischen Orden "Missionare von der Heiligen Familie" gegründete Schule war jüngst wegen Missbrauchsvorwürfen in die Schlagzeilen geraten. Ein Pater soll sich Mitte der 60er Jahre an mehreren Schülern vergangen haben. Bislang hätten sich vier Betroffene gemeldet, sagte der Missbrauchsbeauftragte des Ordens, Michael Baumbach, gestern dem TV.

Der Pater ist inzwischen gestorben, ebenso der damalige Chef der Ordensprovinz. Auch von den jetzt ins Zwielicht geratenden Lehrern, die in den 70er Jahren in Biesdorf ein hartes Regiment geführt haben sollen, lebt niemand mehr. Pater F. ist seit mehr als anderthalb Jahrzehnten tot. Wie sein Kollege Pater K. soll er bei Wutausbrüchen "völlig die Kontrolle über sich verloren haben", behauptet der ehemalige Schüler. "Ich erinnere mich an einen Tag, an dem wir ihn geärgert hatten. Da rastete der Lehrer regelrecht aus, schlug mich ins Gesicht, so dass ich hinfiel", berichtet der 46-Jährige. "Dann trat er mich, zog mich an den Haaren aus der Klasse auf den Flur; mitsamt dem Schreibtisch, an den ich mich geklammert hatte."

Für ähnlich drakonische Be strafungen war offenbar auch Pater E. bekannt. "Fast alles wurde mit Prügel bestraft, und er schlug ordentlich zu", sagt der ehemalige Internatsschüler. Der Eifeler ging 1977 von der Schule ab, ist heute ein erfolgreicher Geschäftsmann. "Die Wunden, die mir damals geschlagen wurden, sind noch immer nicht vollständig geschlossen", sagt er.

Das Biesdorfer Internat ist längst geschlossen; das Gymnasium wird inzwischen von einem gemeinnützigen Verein getragen, an dem der Orden noch beteiligt ist. Dessen Missbrauchsbeauftragter, Pater Michael Baumbach, bemüht sich um Aufklärung und Kontakt zu den ehemaligen Opfern. "Es ist gut", sagt er, "dass diese Sachen jetzt an die Öffentlichkeit kommen."

"Vertuschen bringt nichts", meint auch Direktor Egon Willmes und fügt hinzu: "Die Schule hat einen guten Ruf, und das soll auch so bleiben."

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