"Für uns es Offenbarung ist..."

DORTMUND. Mit fünf Bussen, 14 Delegierten und 220 Mitgliedern ist der CDU-Bezirk Trier am Sonntag nach Dortmund gereist. Der TV ist mitgefahren – an Bord der Bitburg-Prümer Delegation.

Sonntagmorgen, kurz vor 9 Uhr auf dem Parkplatz vor der Bitburger CDU-Geschäftsstelle: Der graue Bus wartet schon, und auch die meisten Reisegäste sind bereits da, als CDU Bezirkschef Michael Billen mit seinem neuen schwarzen Audi um die Ecke biegt. Das Reisegepäck des Kaschenbacher Landwirts fällt denkbar knapp aus: eine blaue Flasche Mirabellen-Schnaps (45 Prozent!) aus der Billen-eigenen Brennerei. "Sind schon alle da?", fragt er, bevor das erste wichtige Problem vom Chef gelöst werden muss: "Das hier ist ja wohl ein Raucher-Bus!", sagt der Eifeler Marlboro-Mann. "Eigentlich nicht", antwortet der Busfahrer, doch da hat Billen schon die Tagesparole herausgegeben: "In den ersten vier Reihen wird geraucht. Nur damit das klar ist." Es ist klar, keiner widerspricht. Derweil sind auch die letzten fehlenden CDUler eingetroffen, die Fahrt zum Parteitag in Dortmund kann beginnen. Kurz hinter Bitburg wird's plötzlich hektisch in den ersten beiden Reihen. Herbert Theisen, Wahlkreisbüro-Leiter des CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Rauen, kramt aus einem mitgebrachten Karton Plastikgläser und -Sockel hervor - "fürs Sektfrühstück", erklärt er. "Nicht besonders steril", meint Theisens Nachbar und Assistent, der Bitburger Chirurg Horst Werner. "Wenn Schnaps rein kommt, schon", kontert Theisen. Eine halbe Stunde später ist es so weit: Die letzten CDU-Mitglieder sind in Prüm zugestiegen, da erhebt sich Delegationschef Billen von seinem Platz in der ersten Reihe: "Frisches Obst in flüssiger Form", sagt der Landtagsabgeordnete und hält die blaue Flasche Mirabelle in die Luft. "Wir sollen wohl betäubt werden?", flachst der Neuerburger CDU-Mann Gerhard Mittler, um gleich hinzuzufügen: "Nicht nötig, wir wählen auch so alle schwarz." Kurze Zeit später sitzt der CDU-Bezirkschef wieder auf seinem Platz in der ersten Reihe. Die Flasche Mirabelle ist fast leer, die Piccolos sind verteilt, Brötchen und Fleischwurst ebenso, da folgt dem kulinarischen "Warm up" das verbale Aufwärm-Programm. "Das wird gleich in Dortmund ein großes Event", verspricht Billen und hofft, dass in der Westfalenhalle nicht noch einmal so ein Lapsus passiert wie vor drei Jahren, als Unionskandidat Edmund Stoiber vor seiner Rede auf der Treppe stolperte. "Das hat uns den Wahlsieg gekostet", analysiert Billen. "Ich gehe davon aus, dass es dieses Mal keine Treppe mehr gibt." Die Stimmung der CDUler im Bus ist gut, aber nicht überschwänglich. Mitglieder der CDU-Geschäftsstelle verteilen ein paar "Wir schaffen es - CDU"-Buttons; orangefarbene CDU-Shirts, wie sie später in der Westfalenhalle zu Tausenden zu sehen sind, trägt niemand. Ein CDU-Mann, der schon die Frühnachrichten gehört hat, ärgert sich über die neuen Querschüsse aus den eigenen Reihen. "Wir haben einfach zu selbstbewusste Ministerpräsidenten", seufzt er. Ein anderer macht sich Gedanken über die Zukunft Edmund Stoibers nach dem 18. September. Wenn die Auguren im Bitburg-Prümer CDU-Bus nicht irren, bleibt Stoiber auch nach der Wahl bayerischer Ministerpräsident. Und Parteichefin Angela Merkel? Ist sie die die richtige Herausforderin von Bundeskanzler Gerhard Schröder? "Auf jeden Fall", sagt der Weinsheimer Ernst-Klaus Kläsges. Und dass Merkel erst jetzt antrete, Stoiber 2002 den Vortritt gelassen habe, sei ebenfalls in Ordnung. "Vor drei Jahren bei der letzten Bundestagswahl war die Union noch nicht so weit." Bevor sich wenig später - nach dreistündiger Fahrt - auf dem Parkplatz vor der Dortmunder Westfalenhalle die Bustüren öffnen, greift der Bezirkschef noch ein letztes Mal zum Mikrofon. "Denkt gleich dran", gibt Michael Billen seinen Parteikollegen noch mit auf den Weg, "Klatschen ist nicht verboten." Und was die Rede von Kanzlerkandidatin Angela Merkel angehe, gelte die Devise: "Und red' sie noch so großen Mist, für uns es Offenbarung ist."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort