Gaffern drohen Gefängnisstrafen: Bundesländer wollen Gesetzesänderung auf den Weg bringen

Berlin · Bei einem Unfall zählt jede Sekunde. Doch immer häufiger behindern Gaffer die Erste Hilfe für Verunglückte. Mehr noch: Sterbende Opfer werden lieber mit dem Handy aufgenommen, anstatt ihnen zu helfen. Das könnte bald bestraft werden.

Die Bundesländer wollen den Behinderungen von Rettungseinsätzen durch Gaffer nicht länger tatenlos zusehen. Die Länder werden deshalb in dieser Woche darüber beraten, inwieweit das Strafrecht verschärft werden kann, um Unfallopfer besser zu schützen und die Arbeit der Rettungskräfte zu erleichtern. Vor allem das Filmen von Toten soll verhindert werden.

Im vergangenen Jahr krachte es laut Statistischem Bundesamt 2,5-millionenmal auf deutschen Straßen. Bei rund 306.000 Unfällen kam es zu Personenschäden, die Zahl der Toten lag bei 3475. Tendenz: steigend.

Inzwischen, so der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, gebe es kaum noch Unfälle, bei denen nicht Schaulustige und Sensationshungrige ihr Unwesen trieben. "Das ist eine mentale Verrohung, die entsetzt", so Wendt zu unserer Zeitung. Nach dem Willen Niedersachsens soll nun auch rechtlich stärker gegen die Sensationslust vorgegangen werden. Auslöser für eine Bundesratsinitiative der Landesregierung ist der sogenannte "Eisdielen-Unfall" in Bremervörde im vorigen Jahr. Zwei Menschen kamen ums Leben, als ein Auto in eine Eisdiele raste. Drei Männer hatten die Rettungsarbeiten fotografiert. Als sie aufgefordert wurden, dies zu unterlassen, lieferten sie sich mit der Polizei eine handfeste Rangelei. Die drei müssen sich nun vor Gericht verantworten. Unterdessen wird am kommenden Freitag die Länderkammer erstmals über die vom Berliner Senat unterstützte Gesetzesverschärfung beraten. Frühestens Mitte Juni könne entschieden werden, hieß es gestern aus Kreisen der Länder.

Geplant ist demnach, den Paragrafen 201a des Strafgesetzbuchs erheblich zu erweitern. Schon jetzt gilt: Wer Fotos oder Videos anfertigt, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, macht sich strafbar. Allein das Betätigen des Auslösers reicht schon. Bis zu zwei Jahre Gefängnis drohen. Und wird der Gaffer auf frischer Tat ertappt, kann die Polizei Handy oder Kamera einziehen.

Außerdem wird vorgeschlagen, "die Behinderung von Hilfeleistungen" durch Rettungsdienste oder Feuerwehr mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen zu belegen. Bisher sind nur tätliche Angriffe auf Rettungskräfte strafbar.

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