Ganz schön blamabel

Mal abgesehen vielleicht vom Wetter wird in Deutschland über kein Thema so häufig und so fruchtlos diskutiert wie über die Ladenöffnungszeiten. Statt diese zumindest während der Woche endlich freizugeben, was angesichts sich ändernder Konsumgewohnheiten und Arbeitszeiten Sinn machen würde, gab’s in der Vergangenheit allenfalls mal ein Reförmchen.

Mal abgesehen vielleicht vom Wetter wird in Deutschland über kein Thema so häufig und so fruchtlos diskutiert wie über die Ladenöffnungszeiten. Statt diese zumindest während der Woche endlich freizugeben, was angesichts sich ändernder Konsumgewohnheiten und Arbeitszeiten Sinn machen würde, gab’s in der Vergangenheit allenfalls mal ein Reförmchen. Kaum war die Neuregelung in Kraft, kaum durften die Bürger mal ein halbes Stündchen länger einkaufen, begann das Genörgel aufs Neue. Ginge es allein nach den Bundesländern, wäre das leidige Thema vermutlich schon seit Jahren vom Tisch. Die Ministerpräsidenten sind sich im Prinzip einig, die Ladenöffnungszeiten freizugeben und nur dieSonn- und Feiertage weitgehend zu schützen. Das zumindest wäre mal ein echter Wurf, nicht bloß ein Reförmchen. Noch aber liegt die Hauptzuständigkeit für den Ladenschluss beim Bund. Dass dies nicht mehr zeitgemäß ist, hatten vor einem Jahr bereits die Karlsruher Verfassungsrichter signalisiert und den Ländern die Hoheit über die Öffnungszeiten zugebilligt. Nur: Passiert ist nichts. Weil im Dezember die Föderalismuskommission im Streit um die Bildungspolitik quasi auf der Ziellinie scheiterte, platzten auch die geplanten Zuständigkeitsänderungen beim Ladenschlussrecht. Heißt: Nichts bewegt sich, ab spätestens 20 Uhr sind in Deutschland die Geschäfte dicht. Daran wird sich bis zur Bundestagswahl auch garantiert nichts mehr ändern. Nur auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land darf König Kunde jetzt noch hoffen. Das runde Leder soll ermöglichen, wozu die Politik aus eigener Kraft nicht in der Lage ist. Ganz schön blamabel. r.seydewitz@volksfreund.de

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