Gedenken vor dem Todesberg - Ein Jahr nach dem Absturz von Gerrmanwings-Flug 4U9525

Le Vernet · Genau ein Jahr nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen haben die Angehörigen im Bergdorf Le Vernet der Toten gedacht. Einige von ihnen wollten danach zum Absturzort in 1500 Metern Höhe steigen.

Die kleine graue Stele war nicht mehr zu sehen hinter dem riesigen weißen Zelt, das die Lufthansa für die Familien der Opfer von Flug 4U9525 errichtet hatte. 605 Angehörige gedachten darin am Donnerstag um 10.41 Uhr der 149 Menschen, die Copilot Andreas Lubitz ein Jahr zuvor in den Tod geflogen hatte. Mit Blumen im Arm stiegen sie aus den roten Bussen, die sie in das Alpendorf Le Vernet gebracht hatten. Bei sonnigem Wetter hatten sie dort, abgeschirmt von der Öffentlichkeit, freien Blick auf das Massiv Trois Evêchés, wo der Airbus A320 am 24. März 2015 zerschellte.

Die Trauerzeremonie begann mit der Verlesung der Namen der Opfer, gefolgt von einer Schweigeminute zum Zeitpunkt des Absturzes. Gekommen waren auch Lufthansachef Carsten Spohr, Germanwings-Geschäftsführer Thomas Winkelmann und Helfer von damals. "Für mich ist es berührend, heute hier zu sein", sagte einer der Gebirgsgendarmen im Fernsehen. Regierungsvertreter waren bewusst nicht in Le Vernet vertreten."Ich habe bei der französischen Regierung darauf bestanden, dass der Tag den Familien gewidmet ist", betonte der Präfekt der Region, Bernard Guérin, der die Zeremonie zusammen mit der Lufthansa organisiert hatte.

"In Erinnerung an die Opfer des Flugzeugunglücks vom 24. März 2015" steht in goldenen Großbuchstaben viersprachig auf der Stele, die in der Feriensiedlung "Domaine du Vernet" am Ortseingang des 150-Einwohner-Dorfes der Toten gedenkt. Das ganze Jahr über kamen Hinterbliebene dorthin, um Blumen und Erinnerungsstücke niederzulegen und auf den Todesberg zu steigen, der zu Fuß in anderthalb Stunden zu erreichen ist. Rund 80 der Angehörigen sollten laut Präfekt auch am Donnerstagnachmittag den Aufstieg zur Absturzstelle in 1500 Metern Höhe machen - zuerst in Allradfahrzeugen und zum Schluss zu Fuß, da die Schlucht nur schwer zugänglich ist.

Steine zum Gedenken

Bergführer wie Max Tranchard hielten sich bereit, um die Familien zu begleiten. "Die Leute wollen mit jemandem sprechen, der die Gegend kennt und den Ort erklären kann", sagte Tranchard im Vorfeld. Der 64-Jährige, der am 24. März 2015 zusammen mit einer Gruppe Gendarmen als Erster am Absturzort war, hat seither mehrere Familien begleitet. "Sie schweigen zehn oder 15 Minuten und nehmen dann Steine mit zum Gedenken. Das ist immer sehr bewegend."

Die Angehörigen waren bereits am Mittwoch mit Sondermaschinen der Lufthansa nach Marseille gekommen, um dort auf dem Messegelände Parc Chanot an einer Gedenkfeier teilzunehmen. Nicht mit dabei war die Familie von Andreas Lubitz, der allen Erkenntnissen zufolge den Airbus A320 bewusst gegen den Berg gesteuert hatte, um seinem Leben ein Ende zu machen. Noch zwei Wochen vor dem Crash hatte ein Psychiater den 27-Jährigen einweisen wollen, wie der Abschlussbericht der französischen Luftfahrtuntersuchungsbehörde BEA ergab. "Wenn seine Eltern eines Tages hierher kommen wollen, sind wir bereit, sie zu empfangen", sagte der Bürgermeister von Prads-Haute-Bléone, auf dessen Gebiet der Absturzort liegt. "Die Eltern sind nicht verantwortlich für die Tat ihres Sohnes", ergänzte Bernard Bartolini.

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