Gefährliche Monster oder Entlastung für die Straßen?

BERLIN. Im australischen Outback heißen sie "Road-Trains", in den USA "Monster-Trucks" und hierzulande "Gigaliner" – Lastwagen, die deutlich länger sind als die erlaubten 18,5 Meter und deutlich mehr tragen als die zugelassenen 40 Tonnen. Sollen sie auf deutschen Straßen zugelassen werden?

In Europa fahren solche Acht-Achser bereits in Schweden und Finnland, versuchsweise auch in den Niederlanden. In Deutschland gibt es in einigen Bundesländern Experimente. Doch im Bund zeichnet sich jetzt eine Ablehnung der Forderung ab, künftig generell Fahrzeuge mit 25 Meter Länge und 60 Tonnen Gesamtgewicht zuzulassen. Gestern forderte der frühere Generalbundesanwalt Kay Nehm beim Verkehrsgerichtstag in Goslar, die Experimente einzustellen. "Was im dünn besiedelten Skandinavien noch akzeptabel sein mag, ist es unter den Bedingungen des Straßenverkehrs und der baulichen Gegebenheiten in Deutschland noch lange nicht", sagte Nehm. SPD und Grüne unterstützen diese Position vehement, die CDU wartet bisher ab. Ende Januar geht der Streit in die entscheidende Phase. Dann veröffentlicht Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) ein Gutachten der Bundesanstalt für Straßenwesen. Davon will Tiefensee seine Haltung abhängig machen. Das Gutachten ist noch geheim, aber sein Grundtenor, so viel war zu erfahren, ist "sehr skeptisch". Einzelheiten wurden jedoch bekannt. Demnach verkürzen die superschweren Laster die Lebensdauer von Brücken. Die Sicherheitsausstattung von Tunneln müsste angepasst werden. Die Leitplanken an Autobahnen und Schnellstraßen hielten ihnen nicht stand. Innerorts könnten die Gigaliner nicht fahren, weil sie Kreisverkehre nicht bewältigen und Kreuzungen blockieren würden. Die Rastplätze seien zu kurz. Und schließlich hätten Unfälle mit den Gigalinern "deutlich gravierendere Folgen". In der SPD wird ergänzend angemerkt, dass die Gigaliner auf Landstraßen Überholvorgänge komplizierter gestalten würden. "An denen müssen auch die normalen Lastwagen erst mal vorbei". Unterstützung für die Mammute kommt von der FDP, die ebenfalls gewichtige Argumente ins Feld führt.Liberale fordern bundesweiten Feldversuch

50 Prozent mehr Zuladung, dass bedeute weniger Verkehr, weniger CO2-Ausstoß und eine Verringerung der Kosten, meinen die Liberalen. Ohne die Kombi-Laster sei der Güterverkehr der Zukunft nicht zu bewältigen. Einen bundesweiten Feldversuch fordert die FDP und unterstützt die Sondergenehmigungen, die fünf Bundesländer für Versuchsfahrten erteilt haben. Letztlich spielen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen eine Rolle, die Tiefensee ebenfalls untersuchen lässt. Die Bahn befürchtet eine Rückverlagerung der Gütertransporte von der Schiene auf die Straße. Und in der SPD wird auf das mittelständische Speditionsgewerbe verwiesen, das die Investitionen gar nicht leisten könne. "Die Holländer stehen schon auf der Matte", heißt es warnend bei den Sozialdemokraten. Die Union will das Gutachten erst sorgfältig prüfen. Denkbar seien auch beschränkte Genehmigungen, zum Beispiel nur für Autobahnen oder nur für Verkehre von den Häfen zu den nächsten Güterverkehrszentren, sagte ihr verkehrspolitischer Sprecher Dirk Fischer. Aus Sicht der FDP sind für die Gigaliner die Messen noch nicht gesungen: "Das Thema kommt über kurz oder lang aus Europa", sagte der liberale Abgeordnete Horst Friedrich. "Das kriegt auch Tiefensee nicht mehr tot".

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