Geklaute Kleiderbügel: Kein Kavaliersdelikt

Trier · Wenn ein Gast Kugelschreiber mitnimmt, wird das von Hoteliers gerne gesehen. Doch es gibt auch Grenzen.

Geklaute Kleiderbügel: Kein Kavaliersdelikt
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Trier Nicht alle Hoteliers in der Region bleiben bei diesem Thema so gelassen wie Denise Kraft-Pütter. "Bei uns passiert es nicht so häufig, dass Gäste Dinge mitnehmen", sagt die Geschäftsführerin des Nells Park Hotel in Trier. "Ich sehe das eher sportlich. Wir fühlen uns für unseren guten Geschmack geschmeichelt, wenn eine Dekoration mitgenommen wird."
Handtücher, Bademäntel, Kleiderbügel und Stifte stehen bei einer aktuellen Befragung von mehr als 1000 Vier- und Fünf-Sterne-Hotels in Deutschland, Österreich und Italien auf den ersten Plätzen der geklauten Gegenstände (siehe Grafik). Zumindest die Stifte würde die Chefin des Vier-Sterne-Hauses im Trierer Norden sofort aus der Liste streichen. "Natürlich werden unsere Kugelschreiber mitgenommen, aber dafür liegen sie schließlich bereit." Und auch wenn dann und wann einige der mit dem Hotel-Logo versehenen Kleiderbügel verschwänden, sei das nicht so schlimm. "Es ist doch schön, wenn sich unsere Gäste dadurch immer wieder an uns erinnern."
Ähnlich sieht es auch Jeanette Burbach, die das Hotel Mosel-schlösschen in Traben-Trarbach leitet. "Glücklicherweise ist das Thema Diebstahl in unserem Haus nicht von Bedeutung", versichert sie auf Anfrage unserer Zeitung. "Sicherlich werden Regenschirme und Rucksäcke mitgenommen. Aber die sind alle gebrandet. Gerne kann unsere Werbung durchs Land getragen werden."
Gereon Haumann, Landesvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), kennt auch andere Stimmen. Zwar sei es aus seiner Sicht kein Diebstahl, wenn Kugelschreiber oder kleine Accessoires aus dem Bad mitgenommen würden. "Bei Handtüchern oder Bademänteln ist allerdings die Grenze überschritten. Immer mehr unserer Hotels bieten deshalb ihren Gästen an, diese Dinge zu kaufen. Seitdem geht die Zahl der Diebstähle zurück."
Reiserechtsexperte Kay Rodegra (siehe Interview auf dieser Seite) betont, dass im Grunde auch das ungefragte Einstecken kleiner Dinge wie Zahnbürsten oder Waschutensilien als Diebstahl gesehen werden kann, sofern diese unbenutzt sind. "Geöffnete kleine Duschgels oder benutzte Badelatschen kann man aber mitnehmen, da die sonst eh weggeworfen werden."
Doch zeigen Hotelmanager tatsächlich Gäste an, die Dinge entwendet haben? Zumindest bei den vom Trierischen Volksfreund befragten Betrieben wurde das verneint.
"Wir haben noch nie einen Gast für Diebstahl in Regress genommen", sagt auch Jörg Frankenbach, dem gemeinsam mit seiner Frau Jessica das Hotel Panorama in Daun gehört. "Handtücher und Bademäntel, oder auch Trockenblumen, das kommt schon mal vor. Aber insgesamt hält sich der Verlust in Grenzen."
Zwar habe er davon gehört, dass in manchen Hotels bereits Flachbildfernseher verschwunden seien. Selbst habe er das aber noch nicht erlebt.
Einmal, so erzählt er, sei eine Dame am Tisch dabei beobachtet worden, wie sie Salz- und Pfeffermühle in die Tasche gesteckt habe. "Sie hat das standhaft geleugnet, als wir sie zur Rede gestellt haben. Als sie dann bezahlt hatte und gegangen war, standen die Sachen wieder auf dem Tisch."
Von verschwundenen Blumen oder Vasen berichtet auch Denise Kraft-Pütter. "Wir haben noch nie eine Anzeige deswegen gestellt, schließlich ist oft ja auch schwierig, weil wir nicht genau wissen, wer es war." Einmal, so erinnert sie sich, habe sie sich aber doch geärgert. "In einem Flur haben wir vier neue Bilder aufgehängt. Die hingen da nur einen Abend." Im Hotel Nells Park in Trier sind nun seit einiger Zeit ganz bewusst weniger Bilder zu sehen. Und auch bei Handtüchern und Bademänteln gibt es in dem Vier-Sterne-Haus mit großem Wellnessbereich weniger Versuchung für Souvenirjäger.
Kraft-Pütter: "Wir haben das Thema Handtücher und Bademäntel an eine Firma vergeben. Unser Logo tragen die Sachen seitdem nicht mehr."
Im Moselschlösschen in Traben-Trarbach soll auf diese exklusive Note nicht verzichtet werden. "Wir planen einen Wellnessbereich", sagt Hotelleiterin Jeannette Burbach. "Ich bin sicher, dass dann das Thema Diebstahl auch Einzug hält. Denn gerade Bademäntel, Saunataschen und -produkte sind erfahrungsgemäß beliebte Andenken an den Aufenthalt. Und nicht jeder hält eine Bezahlung dafür für notwendig."
Wie die Studie von Wellness Heaven zeigt, ist der Wohlstand der Gäste dafür unerheblich. Im Gegenteil. So ist etwa die Wahrscheinlichkeit, dass hochwertige Fernsehgeräte aus dem Zimmer geklaut werden, bei Gästen im Fünf-Sterne-Segment 10,4-fach höher als bei Reisenden in Vier-Sterne-Hotels. Ebenso sind Kunstwerke in Luxushotels ein begehrtes Objekt der Begierde (4,5-mal höhere Diebstahl-Wahrscheinlichkeit). Auch Tabletcomputer und sogar Matratzen werden demnach in Fünf-Sterne-Häusern häufiger entwendet. Nähsets und Kugelschreiber sind für diese Klientel wenig interessant.KommentarMeinung

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Finger weg von Föhnen und Flaschen!
Hand aufs Herz. Haben Sie nicht auch schon einmal ein Stück Seife oder die noch fast unbenutzten Badeschlappen als Andenken aus einem Hotel mitgenommen? Streng genommen ist das Diebstahl, auch wenn vermutlich kein Hotelier auf die Idee käme, das zur Anzeige zu bringen. Schwamm drüber, wir werden das nie wieder tun … Doch es scheint tatsächlich so zu sein, dass die "Souvenirs" von einem Hotelaufenthalt in gleichem Maße opulenter werden, wie die die Zahl der Sterne hinter dem Namen der Herberge wächst. Damit meine ich noch nicht einmal den mit Nobelhotelnamen bestickten Luxusbademantel. Insider berichten von Flachbildfernsehern - die passen so praktisch in den Reisekoffer. Föhne, Wandkunst und Dekorationsgegenstände sind beliebt. Die berühmten Silberlöffel und sogar Kaffeemaschinen verschwinden auf unerklärliche Weise in den Taschen kleptomaner Hotelbesucher. So steht es zumindest in der Umfrage des Luxus- und Spa-Hotelführers Wellness Heaven. Doch in der Region Trier scheint es ein größeres Problem zu geben. An mitgenommenen Stiften, Briefpapier oder ähnlichen Dingen stören sich die meisten Hoteliers hier nicht. Schließlich wird das oft bewusst unter Werbemittel verbucht. Wer will ihnen aber den Ärger verübeln, wenn nach der Abreise eines Gastes die Flaschen in der Minibar noch voll sind, sich statt Bier oder Wein aber Leitungswasser darin befindet. Ist das Mundraub? Wie auch immer. So bedürftig kann kein Hotelgast sein, um sich der Peinlichkeit bei einer Entdeckung dieses kleinen Betrugs auszusetzen. r.neubert@volksfreund.de

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