Geld verdienen mit Gas statt Milch

Zemmer · Rund 70 Landwirte in der Region produzieren Biogas. Nur ein paar allerdings betreiben große, rentable Anlagen, mit denen sie nicht nur Strom, sondern auch Gas für das öffentliche Netz produzieren können. Ausnahme ist eine Biogasanlage in Zemmer (Trier-Saarburg).

Zemmer. Hans-Josef Götten ist Milchbauer. Seine 120 Kühe, die er auf seinem Hof in Heidweiler (Bernkastel-Wittlich) stehen hat, produzieren eine Million Liter Milch pro Jahr. Doch sein Geld verdient Götten nicht mit Milch. Sondern mit Gas. Gas, das er zusammen mit einem weiteren Landwirt in einer großen Biogasanlage in Zemmer (Trier-Saarburg) produziert. 5,8 Millionen Kubikmeter Gas werden dort am Rande des 3000-Einwohner-Ortes jährlich erzeugt. Über ein Blockheizkraftwerk wird ein Teil des Gases in Strom umgewandelt. Insgesamt 11,6 Millionen Kilowattstunden. Götten hat gemeinsam mit anderen Landwirten schon früh die Idee für die riesige Anlage gehabt. "Milch allein hat nichts mehr eingebracht", sagt er. Bereits vor zehn Jahren sei der Milchpreis immer weiter in den Keller gegangen.
2007 wird die Biogasanlage in Zemmer gegründet. In Sichtweite des Schönfelder Hofes. In der von den Barmherzigen Brüdern getragenen Einrichtung leben über 300 psychisch kranke Menschen, über 200 Mitarbeiter sind dort tätig. Mehr als 300 000 Liter Heizöl pro Jahr habe die Behindertenwerkstatt verbraucht, als Verantwortliche der Einrichtung vor zehn Jahren auf ihn zugekommen seien und gefragt hätten, ob er nicht Biogas produzieren könne, mit dem sie den Schönfelder Hof heizen können. Zwei Jahre später geht die Anlage in Betrieb. Nur noch knapp 10 000 Liter Heizöl verbrauche die Einrichtung heute, sagt Götten. Das Gas, aus dem Wärme und Strom gemacht werden, wird aus vergärtem Gras, das Landwirte aus der Umgebung auf ihren Feldern mähen, gemacht. Und aus Gülle von Kühen von drei Betrieben, die es in den umliegenden Orten noch gibt.
Auch Mais werde an die Anlage "verfüttert", sagt Götten. Genau wie die rheinland-pfälzische Energieministerin Ulrike Höfken (Grüne) wehrt sich Götten gegen das Argument der Kritiker solcher Anlagen, dass damit Nahrungsmittel zu Energie gemacht werden. Die "Tank-oder-Teller"-Diskussion sei unsachlich, sagen Biogas-Hersteller wie Götten. Der angebaute Mais werde nicht ausschließlich für die Gasproduktion genutzt, der größte Teil werde immer noch als Viehfutter benötigt. Weniger als vier Prozent der Anbauflächen würden für Bioenergie verwendet, sagt Höfken.
45 Lieferanten sorgen für das "Futter" für die Biogasanlage in Zemmer. "Wir haben mehr Futter, als wir vergären können", sagt Götten.
Höfken will den Anteil der Gülle zur Biogasproduktion von derzeit landesweit zehn auf 50 Prozent erhöhen. Damit soll auch das Problem der Überdüngung reduziert werden. 150 Biogas-Produzenten gibt es in Rheinland-Pfalz, gut 70 davon in der Region. Knapp fünf Prozent des im Land produzierten Ökostroms stammten aus den Anlagen, sagt Höfken. Die Landwirte, die die Biogasanlage in Zemmer mit "Futter" versorgen, haben einen Vorteil von ihrer Zusammenarbeit mit Götten. Die gleiche Menge, die sie an Gras, Mais oder Gülle anliefern, dürfen sie an den vergorenen Stoffen, die nach der Gasproduktion übrig geblieben sind, wieder für den eigenen Bedarf als hochwertigen Dünger abtransportieren. 35 000 Tonnen Gärreste entstünden jährlich in der Anlage, sagt Götten. "Riechen Sie mal", fordert der Landwirt auf, während er den etwas unappetitlich aussehenden Stoff, der aus dem Turm neben dem riesigen, mit elastischer, grüner Folie abgedeckten Gaslager auf die Erde fällt, in der Hand hält. Die Gärreste riechen etwas faulig, stinken aber nicht. "Mit dem Zeug als Dünger bekommen Sie die besten und größten Tomaten."
Auch die nach der Gasproduktion übrig gebliebene Gülle ist vergleichsweise geruchsneutral. Stolz zeigt Götten in das gut zehn Meter hohe Becken, wo die braune Brühe gesammelt wird. "Das ist der beste Dünger, den es gibt." Im Gegensatz zu der nicht vergorenen Gülle direkt aus dem Stall sei diese hier flüssiger und versickere direkt im Boden, schwärmt der Landwirt.
Künftig wird er sein Gas auch direkt in die Leitung der Kommunalen Netze Eifel (KNE) einspeisen. Diese wollen das von Landwirten in der Eifel produzierte Biogas als Landgas Eifel vermarkten.Extra

Die Kommunalen Netze Eifel (KNE) wurde 2009 gemeinsam vom Eifelkreis Bitburg-Prüm und der Stadt Trier gegründet. Sie sind für die Wasserversorgung im Eifelkreis zuständig. Die KNE befinden sich zu 74,9 Prozent im Besitz des Eifelkreises Bitburg-Prüm, 25,1 Prozent tragen die Stadtwerke Trier. An den Standorten Prüm, Mettendorf und Neustraßburg arbeiten über 50 Mitarbeiter. Die KNE planen derzeit eine 140 Millionen Euro teure Versorgungstrasse quer durch die Eifel von Nordrhein-Westfalen bis Trier, in der Leitungen für Wasser, Strom, Gas und Internet verlegt werden sollen. wie

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