Gemütlich - aber klimafeindlich

Sie wärmen und verbreiten Gemütlichkeit: Die Heizpilze sind in Verruf geraten. Sie seien Klima-Killer, sagen Politiker und Umweltverbände.

Berlin. Immer mehr Gastwirte machen es ihrer Kundschaft auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt draußen gemütlich, in- dem sie Heizpilze aufstellen. Die Wärmestrahler verbrauchen jedoch Unmengen an Energie und haben sich als wahre "Klimakiller" entpuppt. Politik und Umweltverbände machen daher mobil gegen die Co2-Schleudern. "Verzichtet auf die Dinger", fordert die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestags, Petra Bierwirth (SPD). Umweltschützer haben errechnet: Bis zu 3,5 Kilogramm Kohlendioxid bläst ein Heizpilz pro Stunde in die Luft. Bei einer durchschnittlichen Betriebsdauer von sechs Stunden in den fünf kälteren Monaten entstehen jährlich zwei Tonnen klimaschädliches Co2. So viel, wie ein Mittelklassewagen im Jahr ausstößt. In Berlin wurde deshalb ein Verbot der Strahler diskutiert, aber vorerst verworfen. Allein in der Hauptstadt stehen Schätzungen zufolge 5000 Heizpilze. In anderen Städten wie Stuttgart oder Köln ist das Aufstellen bereits teilweise untersagt oder zeitlich begrenzt, allerdings nicht immer aus Klimagründen: So sollen in Köln die Strahler aus ästhetischen Gesichtspunkten aus der Altstadt verbannt werden.

Jetzt, wo in acht weiteren Bundesländern ein Rauchverbot in Gaststätten in Kraft getreten ist, wird es mehr Menschen vor die Kneipentür zum Qualmen ziehen. Weil die Wirte ohnehin massive Umsatzeinbußen befürchten, könnte sich der Trend zum Heizpilz noch einmal verstärken, damit Raucher nicht auch noch frieren müssen. "Da muss man sich schon die Frage stellen, ob der, der unbedingt rauchen will, auch noch einen Heizpilz vor die Tür gestellt bekommen muss", so Umweltausschuss-Vorsitzende Bierwirth zu unserer Zeitung. Die Deutsche Umwelthilfe fordert sogar "ganz klar ein Verbot" der Wärmestrahler. "Es macht keinen Sinn, die Innenstädte mit Heizpilzen auszustatten und sei es nur, damit Raucher in wärmeren Temperaturen rauchen können", erklärt Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Man könne den Bürgern nicht vorschreiben, wie sie ihre Häuser energiesparend renovieren, "wenn auf der anderen Seite Heizungen unter freiem Himmel aufgestellt werden dürfen. Wir müssen irgendwo auch mal den Klimaschutz ernst nehmen", verlangt Resch gesetzliche Vorgaben. Die Politik hofft noch auf Einsicht: "Jeder Gastwirt sollte im Hinterkopf den Kohlendioxid-Ausstoß und die Kosten von Heizpilzen haben", sagt Bierwirth. Und die sind hoch: Pro Stunde kostet der Betrieb eines Heizstrahlers etwa 1,50 Euro. Bei sechs Geräten können sich die Kosten auf mehr als 1400 Euro im Monat summieren.

Lust und Laune

Von Hagen Strauß

Wenn man alles verbieten wollte, was dem Klima schadet, gebe es schon lange keine Glühbirnen mehr. Selbst zum Verzicht auf unnütze Autofahrten wären die Bürger wohl längst gezwungen worden. Alles Quatsch. Das Klima rettet man nicht durch immer neue Verbote, sondern vor allem durch Aufklärung. So hat sich zum Beispiel ein Umweltbewusstsein unter den Menschen entwickelt, von dem man vor einigen Jahrzehnten in Deutschland nur träumen konnte. Darum muss es gehen, die Bürger möglichst zu sensibilisieren und sie nicht nur zu drangsalieren. Gastronomen werden sicherlich selber entscheiden können, ob sie sich den Klimakiller Heizpilz vor die Tür oder auf die Terrasse stellen, um Raucher oder andere Gäste zu hofieren; ob der Umweltschaden durch die Wärmestrahler unbedingt sein muss und sich die immensen Kosten überhaupt lohnen, damit es in der Kneipenkasse etwas mehr klingelt. Die Erfahrung vieler Wirte sagt ohnehin: Es rechnet sich meist nicht. Die Debatte um die Heizstrahler hat auch etwas mit der Mentalität jedes Einzelnen zu tun: Muss man im Winter wirklich draußen vor den Gaststätten sitzen, um seinen Kaffee zu schlürfen oder sein Bier zu trinken? Das ist eine durchaus berechtigte Frage, die aber wiederum nur jeder Kneipengänger für sich selber nach Lust und Laune beantworten kann. Amtliche Bevormundung durch Verbote ist jedenfalls völlig fehl am Platze. nachrichten.red@volksfreund.de

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