Glanz und Gräben

Anders als befürchtet wurde, ist die Reise von Papst Benedikt XVI. in die Türkei bislang friedlich und erfolgreich verlaufen. Gesten der Versöhnung zwischen Christentum und Islam - etwas Besseres hätte in der aufgeheizten Atmosphäre dieser Wochen und Monate nicht passieren können.

Hoffentlich strahlen diese Signale weiter aus, und hoffentlich folgen weitere vertrauensbildende Schritte. Vielleicht ist es dann irgendwann einmal möglich, dass die Diskussion über Gewalt im Namen von Religion offen und für alle Seiten Gewinn bringend geführt wird. Denn dass der Papst dem Druck nachgegeben und diese Debatte bei der Türkei-Visite fast vollständig ausgespart hat, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Anlass weiter besteht - in Form weltweiter Angst vor Intoleranz und Anschlägen moslemischer Terroristen. Dass der Türkei-Besuch Benedikt XVI. nun in friedlichen, freundlichen, ja teils herzlichen Bildern herüberkommt, liegt - auch das darf nicht übersehen werden - daran, dass massive Sicherheitsvorkehrungen etwaige peinliche Proteste weggesperrt haben. Insofern ist im christlich-islamischen Dialog nicht alles Gold, was glänzt. Glanzvolle Aussichten hat der Papst dafür dem innerkirchlichen Prozess der Ökumene verschafft. Sein Aufsehen erregendes Angebot an die orthodoxen Christen, um der kirchlichen Einheit Willen sogar einen "brüderlichen Dialog über die Ausübung des Papstamtes" zu führen, berechtigt zu nie da gewesenen Hoffnungen. Doch auch hier täuscht der goldene Schein, weil kein Schimmer davon auf die evangelischen Christen fällt. Ähnliche Gesten wie die gegenüber Patriarch Bartholomäus I. in Istanbul hat der Papst - etwa bei seinem Bayern-Besuch - evangelischen Glaubensbrüdern bislang versagt. Da sind die Gräben ungleich tiefer. m.pfeil@volksfreund.de

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