Glaubwürdigkeits-Frage

Die Irak-Debatte im US-Kongress muß für jene Bürger, die von der politischen Opposition einen glasklaren Standpunkt gegen die neue Strategie von Präsident George W. Bush fordern, frustrierend sein.

Da gibt es Marathondebatten und parlamentarische Manöver, die am Ende zu einer das Weiße Haus nicht verpflichtenden Resolution geführt haben, während im Senat eine ähnliche Maßnahme am Samstag blockiert wurde. Wer sich von den Demokraten nach dem Sieg bei den Zwischenwahlen eine härtere Hand gewünscht hat, sieht zwar eine verschärfte Rhetorik, doch vor dem wohl schmerzhaftesten Schritt schreckten die Bush-Widersacher in der Opposition und im Republikaner-Lager noch zurück: Einer konsequenten Beschneidung der Finanzmittel für neue Truppen und für die Weiterführung der "Augen zu und durch"-Taktik des Präsidenten. Das liegt vor allem daran, dass in knapp zwei Jahren einer neuer Präsident gewählt wird. Die Furcht, durch ein Votum den Vorwurf zu provozieren, man lasse die eigenen Soldaten im Stich, ist im patriotischen Amerika weit verbreitet. Gleichzeitig fehlen jedoch weiter klare Anzeichen dafür, dass es die irakische Regierung unter Nuri al-Maliki mit der großspurig verkündeten Sicherheitsoffensive wirklich ernst meint. Stattdessen setzt man offensichtlich den Schon-Kurs gegenüber schiitischen Milizen fort. US-Außenministerin Condoleezza Rice hat dies einmal mehr in Bagdad angemahnt, doch den Worten der Bush-Chefdiplomatin fehlt schon seit längerem die Durchschlagskraft. Wie also geht es weiter? Solange die Demokraten in Washington nur Schaukämpfe liefern, wird ein von dieser Theatralik unbeeindruckter Präsident weiter am militärischen Eskalationskurs festhalten. Deshalb dürfte sich - Wahlkampf hin, Wahlkampf her - angesichts der weiter steigenden militärischen wie zivilen Opferzahlen im Irak bald für die in taktische Überlegungen tief verstrickten Demokraten die Glaubwürdigkeits-Frage stellen. nachrichten.red@volksfreund.de

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