Glosse: Auf die Bahn ist Verlass

Lieber Herr Mehdorn, als Sie Anfang Januar in Trier waren, sagten Sie ja, alles sei bestens, und die Leute hier sollten sich doch nicht so aufregen...

Lieber Herr Mehdorn,

als Sie Anfang Januar in Trier waren, sagten Sie ja, alles sei bestens, und die Leute hier sollten sich doch nicht so aufregen, Sie kämen doch überall hin. Sie hatten mich überzeugt. Ein paar Tage später war es dann soweit. Als ich früh morgens am Bahnhof stand, war ich schon ganz überrascht, als mein Zug Richtung Saarbrücken pünktlich auf die Minute einrollte - das heißt, ich vermutete, dass es der nach Saarbrücken war. Es gab nämlich weder am Bahnhof eine Ansage noch wurde im Zug selbst mitgeteilt, wo er als Nächstes hält.

Aber, oh Wunder, ich kam pünktlich (!) in Saarbrücken an. Doch dann kam es: Der ICE Richtung Frankfurt fiel aus. Einfach so. Ohne Begründung. Zeit zum Nachfragen blieb aber nicht, ich musste ja weiter. Also rein in den abfahrbereiten Nahverkehrszug nach Frankfurt. Eine halbe Stunde später als mit dem luxuriöseren Fernzug sollte ich dort ankommen. Egal, ich hatte ja keine Wahl.

Bis Ingelheim kurz vor Mainz lag der Zug auch ganz gut in der Zeit. Dann musste er aber auf freier Strecke einfach halten, wegen einer "BÜ-Störung", wie der Lokführer mitteilte. Ich weiß bis heute nicht, was das heißt. Egal. Irgendwann ging es dann weiter, aber deutlich langsamer als zuvor. Fünf Minuten lag ich da bereits hinter der Zeit. Und dann passierte es: In Rüsselsheim ging es erst mal nicht weiter. Wegen "Streckenüberlastung" müssten wir hier warten, sagte der Lokführer, der mittlerweile ein anderer war. Nach zehn Minuten dann die nächste Durchsage: Wegen einer Stellwerkstörung müssten wir noch warten.

Na super. Irgendwann zockelte der Zug dann los und rollte auch tatsächlich in Frankfurt ein - 25 Minuten zu spät.

Zurück ging es pünktlich in Frankfurt los, ich war auch fast auf die Minute in Saarbrücken - aber eben nur fast. Die vier Minuten, die ich zum Umsteigen hatte, waren nämlich längst aufgebraucht. Trotzdem erwischte ich meinen Anschlusszug - aber nur, weil der zwölf Minuten Verspätung hatte.

Danke lieber Herr Mehdorn. Auf die Bahn ist eben Verlass. Sie wollen wissen, was ich in Frankfurt gemacht habe? Ich war auf einer Pressekonferenz bei der Fluggesellschaft Ryanair. Bei der gibt es immer eine Fanfare, wenn ein Flugzeug pünktlich landet. Ich glaube, bei der Bahn würde die einrosten, so selten würde sie gebraucht.

Freundlichst

Ihr Bernd Wientjes

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