Glosse: Immer diese Bärengruppe!

Ach, die lieben Kleinen. Irgendwie niedlich, wie sie sich gegenseitig mit Bauklötzchen bewerfen, böse Wörter zueinander sagen (wo sie die nur herhaben?), trotzig mit den Füßchen aufstampfen und sich laut brüllend auf den Boden schmeißen, sobald Tante Michaele sie ermahnt, sich wieder zu vertragen.

"Silvio hat angefangen", mault Martin und packt beleidigt sein Lego-Spielzeug ein. Schon wieder dieser Silvio, denkt die Kindergärtnerin. Gerade ein paar Tage ist er in der Bärengruppe, aber von Anfang an macht er Schwierigkeiten. Kind mit viel Geld eben, ziemlich verwöhnt, weil er sich zu Hause fast alles herausnehmen kann. Gerhard, dieser kleine Rabauke, der eigentlich sehr sensibel ist, hat sich den Vorfall jedenfalls so zu Herzen genommen, dass er nicht nach Italien in die Ferien will. Als er von dem Streit hörte, hat er sofort die Luft aus seinem Gummikrokodil herausgelassen. Gerhard mag nämlich Martin und findet Silvio doof. Jetzt sitzt der kleine Braunschopf, der immer so adrett angezogen ist, schmollend zu Hause und denkt mit Bibbern an die kalte Nordsee, wo er vielleicht hinfährt. Der dicke Stefano geht zwar nicht in den Kindergarten, aber er hält natürlich zu seinem Freund Silvio und schimpft laut über die blöden Deutschen. Wahrscheinlich ist er bloß sauer, weil die blonde Franziska ihn nicht zu ihrem sechsten Geburtstag eingeladen hat. Kinder, denkt Tante Michaele seufzend, während sie den Erste-Hilfe-Kasten wegschließt und die Schienen der Brio-Eisenbahn zur Seite räumt. Vielleicht sollte man beim nächsten Elternabend darüber abstimmen lassen, ob Silvio im Kindergarten bleiben darf. Sein Verhalten hat wirklich einen schlechten Einfluss auf die anderen. Er könnte die ganze Bärengruppe auseinanderreißen Und das wäre doch zu schade! r.nolden@volksfreund.de

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