Grenzenlos erfolgreich
Überfall auf eine Bank in Bleialf. Attacke auf einen Taxifahrer in Trier. Hauseinbrüche an der Sauer. Gefängnisausbruch, Mord, Raub: Lauter regionale Kriminalfälle, die Spuren in verschiedenen Ländern hinterlassen. Und die geklärt werden konnten, weil die Ermittler grenzüberschreitend zusammen arbeiten.
Trier. Es war eine Bande aus Rumänien, die im März 2006 die Bank in Bleialf überfiel. Binnen weniger Minuten flüchteten die Täter über die Grenze nach Belgien - und wähnten sich dort in Sicherheit. Ein Irrtum. Denn die deutsche Polizei blieb ihnen auch im Nachbarland auf den Fersen, in enger Abstimmung mit den belgischen Kollegen. "In der ersten Stunde waren in Belgien mehr deutsche Polizisten im Einsatz als Belgier", erinnert sich der stellvertretende Trierer Polizeipräsident Dieter Frank. Dank der unbürokratischen Kooperation hatten die Gangster keine Chance.Das wäre noch vor 15 Jahren undenkbar gewesen. "Wir mussten an der Grenze stoppen, und die Täter konnten weiterfahren", sagt Frank. Inzwischen kommt es sogar vor, dass deutsche Polizeihubschrauber den belgischen Kollegen bei der Suche nach Wohnungseinbrechern in St. Vith helfen. Aber auch notorische Verkehrssünder werden bei gemeinsamen Kontrollen der jeweiligen Spezialisten aufs Korn genommen.Schnelle Reaktionen von Polizei und Staatsanwalt
Nicht nur die Polizei kann in aktuellen Fällen besser und schneller reagieren. Auch die Staatsanwaltschaft profitiert davon, dass man bei der Strafverfolgung auf grenzüberschreitendes Knowhow zurückgreifen kann. Das gilt selbstverständlich für Kapitalverbrechen wie die Morde an Nicole C. und Martina K., bei denen Trierer und Luxemburger Behörden kooperierten. Aber es sind oft Alltagsfälle, in denen der Informationstranfer hilft. Horst Roos, Chef der Trierer Staatsanwaltschaft, erinnert sich an den Fall eines Angeklagten, der einen Taxifahrer in Trier überfallen hatte und dann nach Metz geflüchtet war. Vor Gericht behauptete der Franzose, ein Zwillingsbruder habe die Tat begangen. Per Anfrage bei der "gemeinsamen Stelle für grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit" in Luxemburg konnte noch am selben Tag festgestellt werden, dass es gar keinen Zwilling gab. "Das hätte früher ewig gedauert", sagt Roos, "und Beweissituationen werden nicht besser, wenn viel Zeit vergeht".In Luxemburg sitzen Vertreter aus allen Ländern der Großregion. Sie können wechselseitig Zugriff auf Ermittlungsdaten nehmen. Von KFZ-Halterfeststellungen über Wohnsitzüberprüfungen und Auszüge aus Zentralregistern bis zur Koordinierung von Durchsuchungen reicht das Angebot der Koordinationsstelle.Kooperation klappt auf allen Ebenen
Manchmal sind die Ergebnisse der Fahndung auch andere, als die Ermittler sich wünschen. Wie bei dem Banküberfall, der mit einem Luxemburger Fahrzeug begangen wurde. Von den hinzugezogenen Kollegen im Ländchen kam der Hinweis auf den Umstand, dass die Fahrzeugbesitzerin mit einem deutschen Polizisten liiert sei. Letzterer erwies sich als Täter.Nicht immer hat die Kooperation derart dramatische Kosequenzen. Manchmal ist sie einfach nur praktisch. Als ein holländisches Ehepaar als Unfallzeuge auf der Eifel-Autobahn gehört werden sollte, war die Verständigung aufgrund von Sprachproblemen unmöglich. Per Funk wurde eine Polizeidienststelle in Lüttich eingeschaltet - prompt klappte es auch mit den Zeugen.An einer weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit wird auf allen Ebenen gefeilt. Der Koblenzer Generalstaatsanwalt Norbert Weise berichtet von grenzüberschreitenden Arbeitsgemeinschaften und Entwicklungsgruppen. Polizei-Vizechef Frank denkt bei Kooperation eher an die Basis. Schon seit längerem organisiert man wechselseitige Hospitationen vor Ort in Polizeistationen wie Saarburg. Denn, so der erfahrene Einsatzbeamte, "was nützt ein Vertrag der Regierungschefs, wenn es unten nicht funktioniert?"