Griechenlands teurer Sommer naht - ohne Geld

Brüssel · Sitzungen, bei denen bereits vor Beginn feststeht, dass nichts herauskommen wird, heben nicht unbedingt die Laune: So geschehen beim Treffen der 19 Euro-Finanzminister am gestrigen Montag.

Brüssel. Noch ehe etwa Wolfgang Schäuble in Brüssel einschwebte, war schon klar, dass die Runde sich erneut nicht mit dem griechischen Kollegen Gianis Varoufakis über weitere Reformen und Finanzhilfen für sein Land würde verständigen können. Daran konnte auch nichts ändern, dass der Deutsche und der Grieche kurz vor dem offiziellen Sitzungsbeginn in einem bilateralen Gespräch die ernste Lage besprachen.Keine gemeinsame Sitzung



Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem aus den Niederlanden hatte schon vorab erklärt, dies werde "kein entscheidendes Treffen werden". Ein hochrangiger Vertreter der Eurozone äußerte immerhin die Erwartung, die Zusammenkunft werde "hoffentlich nicht sinnlos", nur um ebenfalls einzuräumen, dass in Sachen Griechenland "kein Endergebnis in Sicht" sei. Man sei "weit davon entfernt", meinte Schäuble.
Formaler Grund dafür war, dass den Ministern keinerlei Entscheidungsgrundlage vorlag. Die vorbereitenden Gespräche zwischen Griechenland und seinen Geldgebern, geführt von EU-Kommission, Europäischer Zen-tralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF), kommen nicht vom Fleck. Für das Wochenende geplante Beratungen der sogenannten Brussels Group fielen sogar ganz ins Wasser. "Es gab über das Wochenende wieder Kontakte auf allen Ebenen, aber keine gemeinsame Sitzung, in der ein gemeinsames Papier hätte erarbeitet werden können", sagte ein Vertreter der Geldgeber-Troika dem Trierischen Volksfreund, "dafür fehlen uns immer noch entscheidende Unterlagen von griechischer Seite." Bis auf atmosphärische Verbesserungen, von denen allenthalben berichtet wird, seit Euklides Tsakalotos vor zwei Wochen Minister Varoufakis als Chefverhandler abgelöst hat, ist bisher noch nichts Nennenswertes passiert. "Inhaltlich gibt es keinen Fortschritt", sagte etwa der slowakische Minister Peter Kazimir am Montag.Angebote ohne Grundlage


Ein Diplomat eines kleinen Eurolandes nennt dafür ein typisches Beispiel aus den Verhandlungen: "Die Griechen sagen, sie wollen das Rentensystem reformieren, sagen aber nicht, um welche Pensionen es gehen soll und wie viele Personen davon betroffen wären - so können wir aber die finanziellen Auswirkungen nicht beziffern und nicht sagen, was dafür an anderer Stelle eingespart werden muss."
Varoufakis beharrt darauf, seine Regierung habe in den Gesprächen "alles Menschenmögliche getan", um zu einer Lösung zu kommen.
"Das ist eine Formulierung, die wir nun schon seit vier, fünf Monaten hören", konterte der Österreicher Hans Jörg Schelling, "ohne dass es zu echten Fortschritten gekommen wäre". Das Schwarze-Peter-Spiel geht somit weiter. Erst am Wochenende hatte Schäuble der FAZ gesagt, an Deutschland werde eine Lösung "unter verantwortbaren Konditionen" nicht scheitern.Zeit wird knapp


Die Zeit dafür wird knapp - auch wenn die Zahlungsunfähigkeit schon für Anfang April vorhergesagt wurde und dann doch nicht eintrat. Bisher war es der Athener Regierung gelungen, fällige Kreditrückzahlungen dadurch zu leisten, dass sie liquide Mittel von Kommunen, Unis und Staatsbetrieben abzog. So werden an diesem Dienstag auch 700 Millionen Euro gegenüber dem IWF beglichen.
Dies ist jedoch nur der Auftakt eines teuren griechischen Sommers, da sich der Schuldendienst allein im Juli und August auf knapp neun Milliarden Euro beläuft. Selbst wenn EU und IWF Ende Juni die noch ausstehenden 7,2 Milliarden Euro überweisen würden, wird es eng. Bis Jahresende sind insgesamt gar 18 Milliarden Euro fällig.
Angesichts der Schwierigkeiten mit dem laufenden zweiten Hilfsprogramm betrachtet es Wiens Minister Schelling als "ganz schwierig, in den Parlamenten für ein drittes Programm zu argumentieren". Sein Kollege Schäuble sieht daher nun die Zeit für elementare Entscheidungen in Griechenland gekommen. Es sei "vielleicht eine richtige Maßnahme", die Bürger des Landes wie von der Regierung angedeutet darüber in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen, ob sie die für einen Verbleib in der Währungsunion notwendigen Spar- und Reformmaßnahmen mittragen - oder, so Schäuble, "das andere" wählen.

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