Große Unterschiede bei Sterbehilfe in einzelnen Ländern

Straßburg · Der französische Komapatient Vincent Lambert darf sterben. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bestätigte am Freitag die Entscheidung der französischen Gerichte, die Behandlung abzubrechen.

Straßburg. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) erläutert aus diesem Anlass wichtige Begriffe der politischen Debatte um Sterbehilfe.
Suizid ist laut Weltgesundheitsorganisation WHO der Akt der vorsätzlichen Selbsttötung. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe geht in seiner Rechtsprechung von der Straflosigkeit der Selbsttötung aus, wenn sie frei und eigenverantwortlich gewollt und verwirklicht ist.
Tötung auf Verlangen/Aktive Sterbehilfe liegt laut deutschem Strafgesetzbuch (StGB) Paragraf 216 vor, wenn jemand durch das "ausdrückliche und ernstliche Verlangen" des Getöteten zur Tötung bestimmt wurde und den Tod gezielt aktiv herbeiführt. Die Tötung auf Verlangen ist in Deutschland verboten, in den Niederlanden ("Euthanasie"), Belgien und Luxemburg dagegen unter bestimmten Bedingungen straffrei.
Beihilfe zum Suizid leistet, wer einem Menschen, der sich selbst tötet, dabei Hilfe leistet, etwa durch das Besorgen von Medikamenten oder die Zubereitung eines Gift-Getränks. In Abgrenzung zur "Tötung auf Verlangen" kommt es darauf an, dass der Sterbewillige das Geschehen in der Hand hält. Den entscheidenden Akt des Suizids muss er selbst vollziehen. Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland straffrei.
Ärztlich assistierter Suizid: Rechtlich gesehen ist der ärztlich assistierte Suizid eine Form der Beihilfe zum Suizid und als solche straflos. Allerdings ergeben sich aus der besonderen Verpflichtung des Arztes gegenüber seinen Patienten Besonderheiten: So haben Ärzte eine Behandlungspflicht, deren Vernachlässigung dazu führen könnte, einen ärztlich assistierten Suizid als Totschlag durch Unterlassen zu bewerten.

Therapieabbruch/Sterben zulassen/Passive Sterbehilfe: Nicht strafbar ist das Unterlassen, Begrenzen oder Abbrechen (Beenden) lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen, sofern dies dem Willen des Patienten entspricht. Dazu zählt insbesondere der Verzicht auf künstliche Ernährung, Flüssigkeitszufuhr oder Dialyse.
Therapie am Lebensende/Indirekte Sterbehilfe meint die Gabe von Medikamenten, zum Beispiel Schmerzmitteln, bei denen ein vorzeitiger Tod nicht beabsichtigt ist, aber etwa wegen der Schmerzbekämpfung in Kauf genommen wird. Wegweisend in Deutschland war ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 1996: Die Richter stellten klar, dass es erlaubt oder sogar geboten sein könne, schmerzlindernde Medikamente in einer Dosis zu verabreichen, die als unbeabsichtigte Nebenwirkung die Sterbephase verkürzen könnte. Der lange gebrauchte Begriff der "indirekten Sterbehilfe" wird deshalb kritisiert, weil es nicht um Hilfe zum Sterben gehe, sondern um Schmerzbehandlung und Sedierung, die mit dem Risiko einer durch sie hervorgerufenen Lebensverkürzung verbunden seien. KNA

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