"Grüß Gott" im Alpendorf

Krün · Ausgelassene Stimmung beim G7-Gipfel in Elmau: Bei gutem Wetter und Weizenbier beschwören Kanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama die deutsch-amerikanische Freundschaft.

Krün. Es ist ein Bilderbuch-Auftakt für Angela Merkel: Der Himmel strahlt traumhaft blau und der wichtigste Gast ist bestens gelaunt. Die Kanzlerin trifft Barack Obama im Alpendorf Krün. "Grüß Gott", sind die ersten Worte des US-Präsidenten. Danach muss der mächtigste Mann der Welt Bier trinken und Weißwurst zuzeln. Kein Klischee bleibt unbedient am Sonntagvormittag, bevor der G7-Gipfel beginnt.Bayerisches Flair für Obama


Ganz Krün ist schon seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen. Auf dem Marktplatz herrscht Biergartenatmosphäre, Bänke und Buden wurden extra für diesen Anlass dort aufgestellt. Eine künstliche Kulisse. Die Bewohner tragen bayerische Tracht und die "Musi" spielt. Die Kanzlerin schwebt zuerst mit dem Hubschrauber ein. Merkel wird mit einem riesigen Blumenstrauß empfangen, an ihrer Seite Ehemann Joachim Sauer. Er ist zuständig für das frühere "Damen-Programm" der Partner. Allerdings ist Michelle Obama nicht mitgekommen.
Merkel trägt einen mintgrünen Blazer, passend zur sommerlichen Stimmung. Beim Foto mit Kindern macht sie ihre typische "Merkel-Raute". Man wird sie noch oft sehen an diesem Tag. Sie schüttelt Hände, genießt den Jubel. Es ist zweifellos der erste, große Höhepunkt von Merkels Gipfelshow im Alpenland. Und Barack Obama spielt mit.
Zwanzig Minuten nach Merkel erreicht der Präsident das Alpendorf, er kommt mit einem gepanzerten Geländewagen von Schloss Elmau aus, nicht wie sonst im "Beast", seinem Mega-Cadillac. Begrüßung mit Küsschen, Alphörner spielen, Obama strahlt über das ganze Gesicht. Tosender Applaus brandet auf, als er und Merkel am Rednerpult stehen. Um die deutsch-amerikanischen Beziehungen steht es in diesen Tagen wahrlich nicht gut, die NSA-Affäre belastet das Verhältnis, auch der Streit um das Freihandelsabkommen TTIP hat für Verstimmungen gesorgt. Doch in der alpenländischen Idylle spielt das alles keine Rolle. Man will Verbundenheit zeigen - "bevor wir richtig mit der Arbeit anfangen", grinst Merkel.
Zum vierten Mal ist Obama als Präsident in Deutschland. Die Kanzlerin und der Mann aus dem Weißen Haus haben sich nach anfänglichen Irritationen arrangiert, obwohl ihr Stil gänzlich unterschiedlich ist. Sie duzen sich inzwischen. "Trotz mancher Meinungsverschiedenheit", räumt Merkel ein, "die wir heute haben, ist Amerika, sind die Vereinigten Staaten von Amerika unser Freund, unser Partner." Es sei eine "wunderbare Chance", Obama "ein Stück bayerisches Kulturgut" zu zeigen. Der Präsident nimmt den Ball auf: "Ich habe leider meine Lederhose vergessen. Aber ich hoffe, dass ich die Möglichkeit habe, eine zu kaufen." Als er erfahren habe, dass Angela das Treffen in Bayern ausrichten würde, habe er gehofft, dass es während des Oktoberfestes sei - "es gibt aber nie einen schlechten Tag für ein Bier oder eine Weißwurst". So weit zum bayerischen Kulturgut.
Es wird gescherzt und geflachst. Und gelobt: Merkel sei eine "große Freundin und Partnerin", ruft der Präsident. Auf dem G7-Gipfel werde man "unsere gemeinsame Zukunft diskutieren". Es gehe um den Aufbau einer neuen Handelspartnerschaft und die Bekämpfung von Bedrohungen, die vom gewalttätigen Ex tremismus bis zum Klimawandel reichten. "Es sind schwierige Herausforderungen", sagt Obama mit Blick auf die Ukraine-Krise. Und spricht von einer "russischen Aggression". Plötzlich wird die Stimmung ernst. Man stehe aber zusammen als unzertrennliche Verbündete in Europa und der Welt.
Er habe noch eine Bitte, schließt Obama und wird wieder fröhlich. "Der Tag ist so schön, wir sollten sämtliche Arbeitssitzungen auf diesem schönen Marktplatz begehen und Bier trinken." Der eine Wunsch wird nicht erfüllt, der andere schon: Merkel, Obama und Kanzlerinnengatte Joachim Sauer nehmen auf einer Bierzeltgarnitur Platz. Sauer erklärt Obama eifrig, wie man die Haut von der Wurst bekommt. Man prostet sich zu. Dem Amerikaner scheint die bayerische Art zu gefallen. Nach gut einer Stunde bricht der Präsident wieder auf. "Very fine beer", sagt er. Es war alkoholfreies Weizen.Extra

Im griechischen Schuldenstreit dringt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf neue Reformvorschläge aus Athen. "Ich habe den Alternativvorschlag noch nicht", sagte Juncker unmittelbar vor Beginn des G7-Gipfels am Sonntag in Elmau. Der Kommissionspräsident bestätigte, dass es ein neuerliches Treffen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras in Brüssel am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels am Mittwoch geben solle. Griechenland steht zwar nicht auf der Tagesordnung des zweitägigen G7-Spitzentreffens, soll aber laut Diplomaten am Rande zur Sprache kommen. Falls nicht rasch neue Finanzhilfen fließen, droht dem Euro-Krisenland die Pleite. dpa

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