Grundsätzliches Problem

43 Prozent mehr Jugendliche mit Alkoholvergiftungen innerhalb von vier Jahren, immer jüngere Betroffene: Die neue Studie über den Alkoholkonsum junger Rheinland-Pfälzer macht ratlos. Was tun? Die Regelungen im Jugendschutzgesetz sind umfassend.

Alkohol-Exzesse bei Kindern und Jugendlichen sollten damit ausgeschlossen sein. Doch offenbar gibt es allzu viele Wirte, Veranstalter und Händler, die sich um die gesetzlichen Bestimmungen nicht scheren. Schärfere Kontrollen, empfindlichere Strafen könnten helfen. Vor allem aber braucht es Eltern, die ihren Kindern Vorbilder sind, die nicht selbst jeden Abend mit der Bierflasche vor dem Fernseher sitzen. Couragierte Mütter und Väter, die ihren Nachwuchs von klein auf zu einem maßvollen Umgang mit Genussmitteln erziehen - und sich nicht am Ende doch breitschlagen lassen, wenn der Halbwüchsige sie so inständig darum bittet, "harte Sachen" für das Cliquen-Treffen am Wochenende zu besorgen. Doch solche Schritte allein reichen nicht aus. Der exzessive Alkoholkonsum hängt auch mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zusammen. Fehlende Schulabschlüsse, zu wenig Ausbildungsplätze, steigende Arbeitsbelastung, zunehmender Konkurrenzdruck: Wer überfordert ist, sich hilflos fühlt, greift besonders schnell zur Flasche. Alkohol betäubt Versagensängste, das Gefühl, keine Chance zu haben oder wertlos zu sein. Und wer sich erst einmal in einer solchen mentalen Verfassung befindet, reagiert allenfalls mit einem Schulterzucken auf die Erkenntnis, dass übermäßiger Alkoholkonsum letztlich selbstzerstörerisch wirkt. Soll der Kampf gegen Alkoholprobleme bei Jugendlichen erfolgreich sein, muss viel früher angesetzt werden - und viel grundsätzlicher. Deshalb gehören all die Diskussionen um das Schulsystem, die Lehrstellen-Misere, das soziale Klima und die neue Armut in genau diesen Zusammenhang. i.kreutz@volksfreund.de

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