Gutachten: Sterbehilfe-Entwürfe nicht verfassungskonform

Berlin · Drei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidhilfe verstoßen nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gegen das Grundgesetz.

Berlin. Es ist ein emotionales Thema. Wenn es im Bundestag um Fragen der Sterbehilfe geht, treten Parteistreitigkeiten in den Hintergrund, und die Parlamentarier arbeiten fraktionsübergreifend zusammen. Schon seit Jahren diskutiert die Bundespolitik über die Beihilfe zum Suizid. Nach der Sommerpause geht es auf die Zielgerade: Im November will der Bundestag ein Gesetz verabschieden. Doch jetzt formulieren die Juristen des Bundestags Bedenken.
Drei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidhilfe verstoßen nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments gegen das Grundgesetz. Dies betrifft auch den derzeit chancenreichsten Entwurf einer Abgeordnetengruppe um Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD). Darin werde nicht klar, wie man rechtlich zwischen einer verbotenen geschäftsmäßigen Suizidhilfe mit Wiederholungsabsicht und einer erlaubten Sterbehilfe im Einzelfall aus selbstlosen Motiven unterscheiden solle. In seinen Gutachten verweist der Wissenschaftliche Dienst auf Palliativmediziner in Hospizen sowie Ärzte auf Intensivstationen. Diese Ärzte, so die Bundestagsjuristen, "könnten regelmäßig aus einem ohnehin bestehenden Behandlungsverhältnis dazu übergehen, ihre Patienten auch hinsichtlich der Sterbehilfe zu beraten und Medikamente zu verschreiben". Sofern diese Ärzte "auf die Wünsche ihrer Patienten eingingen, wäre schnell die Schwelle erreicht, bei der auch das Leisten von Sterbehilfe zu einem wiederkehrenden Bestandteil ihrer Tätigkeit würde".
Mehrfache Bedenken


Ähnliche Bedenken gibt es beim Entwurf einer Gruppe um Renate Künast (Grüne) und Petra Sitte (Linke), die nur die kommerzielle ("gewerbsmäßige") Suizidhilfe bestrafen will.
Zugleich kritisieren die Juristen den Versuch des Künast-Entwurfs ebenso wie des Entwurfs einer weiteren Abgeordnetengruppe um Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach (SPD), die Sterbehilfe-Verbote im ärztlichen Standesrecht außer Kraft zu setzen.
Für solche Eingriffe in das den Ländern obliegende Standesrecht fehle dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz. KNA

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