Halbherzige Unterstützung, doppelte Spesen

BERLIN. Hat Florian Gerster "jegliches Vertrauen verspielt"? Wieder gibt es neue Vorwürfe gegen den Chef der Bundesanstalt für Arbeit: Seine Spesenrechnung soll viel zu hoch sein.

Obwohl die Berliner PR-Agentur WMP EuroCom am Mittwoch Luft entweichen ließ und auf den umstrittenen Beratervertrag mit der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit verzichtete, steht Behördenchef Florian Gerster (SPD) weiterhin unter Druck. Am Mittwoch musste er sich abermals rechtfertigen, diesmal für die Höhe seiner Spesen, die sich im Vergleich zu Amtsvorgänger Bernhard Jagoda nahezu verdoppelt haben. Gleichzeitig bemühte sich die Bundesregierung, Gerster zu stützen - allerdings nur halbherzig. Regierungsprecher Bela Anda verwies auf Äußerungen von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement vom Tag zuvor. Da hatte Clement auf die Möglichkeit einer rechtlichen Prüfung des Vertrages hingewiesen, den Gerster ohne Ausschreibung "im Eilauftrag" für 1,3 Millionen Euro Kosten an die WMP vergeben hatte. Die Berliner Firma, 1997 von den ehemaligen "Bild"-Chefs Hans-Erich Bilges und Hans-Hermann Tiedje sowie dem Manager Ludger Stuby gegründet, nahm in der Zwischenzeit Abstand von dem Geschäft, das zunehmend auch den Namen des Unternehmens in Mitleidenschaft zog. Offiziell hieß es am Mittwoch in Berlin, man biete die Beendigung des Vertrages an, "damit der Bundesanstalt in dieser schwierigen Situation ihre volle Handlungsfähigkeit erhalten bleibt". Unterdessen hat der Bundesrechnungshof mit der Überprüfung des Falles begonnen. Auch das Spesenverhalten von Gerster werde überprüft, hieß es gestern. Damit reagierte der Rechnungshof auf einen Bericht der "Rheinischen Post" (Düsseldorf), wonach der Chef der Bundesanstalt für Arbeit seinen Bewirtungs-Etat im Vergleich zum Spesen-Ansatz seines Vorgängers Jagoda deutlich erhöht hat (von 37 000 Euro auf 66 000 Euro). Auch diesen Vorwurf wies Gerster zurück. Er sei nicht verschwenderisch, sondern "extrem sparsam" gewesen, sagte er in Berlin. Zudem bestehe der Vorstand nunmehr aus drei Personen. Jagoda hatte einen Stellvertreter. Während CSU-Generalsekretär Markus Söder am Mittwoch den Rücktritt Gersters forderte, weil der "jegliches Vertrauen verspielt" habe, fragte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos im Bundestag süffisant, wie lange "der Sonnenkönig von Nürnberg" noch im Amt bleibe. Der FDP-Abgeordnete Dirk Nebel sprach sich indes gegen eine Ablösung Gersters aus, obwohl der "politisch instinktlos" gehandelt habe. Die ehemaligen Bundesminister und FDP-Spitzenpolitiker Hans-Dietrich Genscher und Günter Rexrodt sind Mitglieder der Führungsgremien der Firma WMP.

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