Hans-Joachim Doerfert: Kleine Rente, große Worte

Wegen möglichen Betrugs und Unterschlagung muss sich der ehemalige Trierer Gesundheitsmanager Hans-Joachim Doerfert seit gestern vor Gericht verantworten. Zum Prozessauftakt gab sich der 67-Jährige so redselig und launig wie in seinen guten, alten Zeiten.

 Gute Laune auf der Anklagebank: Hans-Joachim Doerfert (rechts) mit seinem Pflichtverteidiger Paul Greinert. TV-Foto: Friedemann Vetter

Gute Laune auf der Anklagebank: Hans-Joachim Doerfert (rechts) mit seinem Pflichtverteidiger Paul Greinert. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Als Hans-Joachim Doerfert vor über einem Jahrzehnt noch Chef eines der größten katholischen Gesundheitskonzerne war, da pflegte der studierte Jurist und gläubige Christ mitunter einen recht rigiden Umgangston. War Doerfert mit den Bilanzen seiner Klinik- oder Altenheim-Geschäftsführer nicht zufrieden, wurden die Herren kurzerhand in die Trierer ctt-Geschäftsstelle einbestellt und mit den Worten abgefertigt: "Entweder die Zahlen ändern sich oder die Köpfe."

"Da wusste jeder, was die Stunde geschlagen hat", erinnert sich einer, der damals häufiger mit dabei war, wenn der oberste Boss mal wieder etwas heftiger vom Leder zog.

Dass Hans-Joachim Doerfert, mittlerweile 67 und seit gut zwei Jahren Rentner, immer noch ein wortgewaltiger und rhetorisch gewandter Mensch ist, davon gibt es gestern im Trierer Amtsgericht eine kleine Kostprobe. Doer fert muss sich dort verantworten, weil er im Zusammenhang mit mehreren Firmen betrogen und getrickst haben soll. Das zumindest glaubt die für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Koblenzer Staatsanwaltschaft.

Was Hans-Joachim Doerfert von den Vorwürfen der Ermittler hält, macht er gleich zu Beginn des Prozesses mit einer "Legende aus christlichen Landen" deutlich. "Da bekommt der Prälat ausgerechnet in der Fastenzeit einen saftigen Schweinebraten vorgesetzt", erzählt der Angeklagte und fügt schmunzelnd hinzu: "Und was macht der Prälat? Er sagt zu dem Schweinebraten: du bist jetzt ein Fisch und verzehrt genüsslich den Braten."

Soll wohl bedeuten: Wenn es nicht anders geht, muss man sich das gewünschte Ergebnis halt zurechtbiegen, koste es, was es wolle.

Im Fall Hans-Joachim Doerfert könnte das Ergebnis des Prozesses den Angeklagten abermals die Freiheit kosten. Auf die dem 67-Jährigen von der Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Straftaten stehen im schlimmsten Fall mehrjährige Gefängnisstrafen. Hinzu kommt, dass Doer fert noch eine Bewährung am Laufen hat. Wird er vom Trie rer Amtsgericht verurteilt, könnte die noch nicht abgesessene Reststrafe von gut fünf Jahren noch obendrauf kommen.

Es geht also bei dem am Montag begonnenen Prozess für den ehemaligen ctt-Chef um einiges. Dabei hat Hans-Joachim Doerfert schon in der Vergangenheit mehr verloren als ein paar Jahre Freiheit. Der einstmals wohlhabende Jurist mit einer schmucken Villa in Trier-Ruwer lebt inzwischen von einer Rente unter der Pfändungsgrenze in einer Trierer Mietwohnung. "Man kann davon leben, wenn man sich bescheidet", sagt er auf die entsprechende Frage des Vorsitzenden Richters Helmut Reusch.

Schulden? Da kann Doerfert sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Jede Menge", sagt er und konkretisiert, dass allein das Trierer Finanzamt 3,2 Millionen Euro von ihm haben wolle. Dazu kämen noch Forderungen des Fußballvereins Eintracht Trier, dessen Präsident Doerfert zu seinen Glanzzeiten war, und von der ctt, die wegen der finanziellen Machenschaften Doerferts bald zugrunde gegangen wäre.

Die Aussichten, dass Doerferts Gläubiger auch nur einen Cent ihrer finanziellen Forderungen eintreiben können, sind denkbar gering. "In diesem Leben wird das nichts mehr", sagt der Schuldner, dem das Gericht mit Paul Greinert einen Pflichtverteidiger beiordnen musste, weil Hans-Joachim Doerfert aus eigener Tasche keinen Rechtsanwalt bezahlen kann.

Über seine Erfolgsaussichten in dem Prozess macht sich der Angeklagte keine Illusionen. "Sie wissen ja: Vor Gericht und auf hoher See…", sagt Doerfert und lässt den Satz unvollendet. Klar sei allerdings: "Wenn das hier schiefgeht, gehe ich in die Berufung."

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