Hartz-IV-Reform auf der Zielgeraden

Für die vom Bundesverfassungsgericht im Februar verlangte Neuregelung des Existenzminimums für Hartz-IV-Empfänger beginnt nun der parlamentarische Hürdenlauf. Gestern verschickte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU ihren Gesetzentwurf an die Ressorts. Am 20. Oktober soll das Kabinett die Vorlage verabschieden.

Berlin. (vet) Die entscheidenden Zahlen, nämlich wie hoch die Hartz-IV-Regelsätze ab 2011 sein werden, sucht man in dem Papier noch vergebens. Entsprechende Berechnungen zum Lebensbedarf würden erst in dieser Woche abgeschlossen, erklärte ein Ministeriumssprecher. Das Ergebnis soll am kommenden Montag verkündet werden. Erst dann werden auch die Kosten feststehen.

Der vorliegende Entwurf gibt aber bereits Aufschluss über die Berechnungsmethode und darüber, welche Maßnahmen von der Leyen zur Verbesserung der Bildungschancen für sozial schwache Kinder plant. Die Karlsruher Richter hatten in ihrem Grundsatzurteil nämlich nicht nur eine transparente Ermittlung der Regelsätze angemahnt. Neben der Sicherstellung des unmittelbaren Existenzminimums (etwa Wohnung, Lebensmittel) sollen die staatlichen Leistungen auch "ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben" ermöglichen. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Eckpunkte:

Neuberechnung: Grundlage für den Bedarf eines Hartz-IV-Empfängers bleibt eine alle fünf Jahre erhobene Einkommens- und Verbrauchsstichprobe in 60 000 Haushalten des unteren Einkommensfünftels, die das Statistische Bundesamt vornimmt. Ermittelt wird etwa, wie viel Geld die Haushalte jeweils für Nahrung, Kleidung und Nahverkehr ausgeben. Für Hartz-IV-Empfänger hat die Politik diese Ausgaben bislang prozentual festgelegt, was die Richter als nicht nachvollziehbar rügten. Genauso beanstandeten sie die bloße Ableitung der Kindersätze von denen der Erwachsenen. Deren Regelsatz beträgt gegenwärtig 359 Euro im Monat. Kinder bekommen davon je nach Alter zwischen 60 bis 80 Prozent, also maximal 287 Euro. Die ab 2011 geltenden Regelsätze fußen nicht mehr auf der Verbrauchsstatistik von 2003, sondern auf der aktuellen von 2008. Auch werden künftig alle Bedürftigen mit Sozialtransfers herausgerechnet.

Anpassung: Weil die Rentner zuletzt mehrere Nullrunden hinnehmen mussten, blieben auch die Hartz-Sätze unverändert. Diese Koppelung hat Karlsruhe ausdrücklich verworfen. In Zukunft sollen sich die Sätze deshalb zu 70 Prozent nach der Preisentwicklung und zu 30 Prozent nach dem Lohnniveau richten. Theoretisch könnten die Sätze damit auch sinken. In der Praxis dürfte es aber in jedem Jahr zu leichten Steigerungen kommen. Bildung: Das sogenannte Bildungspaket reicht vom kostenlosen Schul-Mittagessen über die Finanzierung eintägiger Schulausflüge bis zur Bezahlung von Schulmaterial, Nachhilfe und Freizeitaktivitäten. Entscheidend dabei ist das Sachleistungsprinzip. Das heißt, die Betroffen bekommen kein Bargeld. Abgerechnet werden soll über eine elektronische Bildungs-Karte. Mietkosten: Bislang zahlen die Kommunen für Hartz-IV-Empfänger eine angemessene Wohnung inklusive Heizung. Künftig können Gemeinden auch Pauschalen festlegen.

Sanktionen: Verschärfungen sind nicht geplant. Der Sanktionskatalog für Pflichtverletzungen wird klarer gefasst.

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