Hektische Suche nach Kompromiss im US-Haushaltsstreit

Washington (dpa) · Nach wochenlangem Gezerre läuft den US-Politikern im Haushaltsstreit die Zeit davon. Bis Silvester müssen sie einen Kompromiss finden, um die wirtschaftlichen Gefahren der Fiskalklippe zu bannen. Doch mehr als eine Zwischenlösung ist wohl kaum noch drin.

Kurz vor dem Fristablauf im Haushaltsstreit hat US-Präsident Barack Obama vor schlimmen wirtschaftlichen Folgen gewarnt. Sollten die Steuersätze zum 1. Januar wie bislang vorgesehen steigen, „wäre das die falsche Sache für unsere Konjunktur“, sagte Obama während seiner aufgezeichneten wöchentlichen Ansprache. „Wir können uns einfach keine politisch selbstverschuldete Verwundung unserer Wirtschaft leisten.“ Die Erholung von der letzten Rezession sei gefährdet. Im Streit über massive Steuererhöhungen und Etatkürzungen zum Jahreswechsel bleibt den US-Politikern nur noch Zeit für eine Zwischenlösung. Deshalb würden sich die Demokraten und Republikaner bei der hektischen Suche nach einem Kompromiss vor allem darauf konzentrieren, die automatische Anhebung von Steuern und Abgaben für Normalverdiener und mittelständische Betriebe zu vermeiden sowie die auslaufende Zahlung von Arbeitslosenhilfe an zwei Millionen Amerikaner zu verlängern, berichteten US-Medien. Bis Silvester sollen der Senat und das Abgeordnetenhaus ein möglichst umfassendes Gesetzespaket verabschieden und US-Präsident Barack Obama zur Unterschrift vorlegen. Doch mehrere große Punkte müssten wegen ideologisch verhärteter Fronten auf das kommende Jahr verschoben werden. Die erbitterte Auseinandersetzung über die richtigen Schuldenbekämpfung könnte daher monatelang weitergehen. Ein Krisentreffen von Obama und Kongressführern beider Parteien am Freitag hatte zunächst keinen Durchbruch gebracht. Der Präsident zeigte sich aber „gedämpft optimistisch“, dass dies in letzter Minute noch gelingt. Die Fraktionschefs der Republikaner und Demokraten im Senat, Mitch McConnell undHarry Reid, hätten den Auftrag, rasch einen Kompromiss auszuhandeln, sagte Obama nach der Sitzung. Sollte das nicht gelingen, will er, dass seine Demokraten im Senat noch vor Jahresende einen eigenen Entwurf einbringen - mit Vorschlägen, die bisher von den Republikanern abgelehnt worden sind. Scheitern alle Vorstöße im Kongress, treten zum Jahresbeginn 2013 die Steuererhöhungen für alle Bürger sowie massive Ausgabenkürzungen nach dem Rasenmäher-Prinzip querbeet durch den Etat in Kraft. Die ohnehin schwache US-Wirtschaft könnte nach Expertenmeinung in die Rezession stürzen, mit Folgen für die Weltwirtschaft. Die US-Börsen reagierten in der vergangenen Woche mit deutlichen Verlusten. Hauptstreitpunkt sind weiterhin Steuererhöhungen für die Reicheren. Obama beharrt darauf, dass Haushalte mit einem Jahreseinkommen von über 250.000 Dollar künftig mehr an den Fiskus zahlen. Einigen sich Reid und McConnell auf einen Kompromiss, würde der Entwurf dann zunächst dem demokratisch kontrollierten Senat zur Abstimmung zugeleitet, wohl frühestens am Sonntag. Das republikanisch beherrschte Abgeordnetenhaus müsste dann spätestens am 31. Dezember grünes Licht geben. Hier müssten mehr als 20 Konservative mit den Demokraten stimmen. Ob das gelingt, gilt als völlig offen. Erst in der vergangenen Woche musste der republikanische Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner, eine Abstimmung über seinen eigenen Plan abblasen, der Steuererhöhungen für Haushalte mit einem Jahreseinkommen ab einer Million Dollar vorsah. Er hätte dafür in den eigenen Reihen keine Mehrheit gefunden. Manche Beobachter meinen, dass die Republikaner die Frist bewusst verstreichen lassen wollen, damit sie im kommenden Jahr für Steuersenkungen für alle Bürger stimmen könnten, statt vor dem Jahreswechsel Steuererhöhungen für die Reichen zulassen zu müssen.

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