Herr R., Herr D., Herr K.

BERLIN. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird in der Affäre um den ehemaligen Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz deutlich früher vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen als geplant, nämlich am 8. März.

Herrn R., Herrn D. und Herrn Doktor K. bekamen die Medienvertreter nicht zu Gesicht. Dabei waren die drei Personen "Schlüsselzeugen" im Fall des Bremer Türken Murat Kurnaz, wie Christian Ströbele, der grüne Obmann im BND-Untersuchungsausschuss, bedeutungsvoll hervorhob. Als Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesverfassungsschutzes unterliegen freilich schon ihre Namen strikter Geheimhaltung, sodass die gestern als öffentlich deklarierte Sitzung des Untersuchungsgremiums weitestgehend hinter verschlossenen Türen stattfand. Eine handfeste Nachricht gab es trotzdem: Nach langem Tauziehen verständigten sich die Ausschussmitglieder, den ehemaligen Kanzleramtschef der rot-grünen Vorgängerregierung und heutigen Außenminister, Frank-Walter Steinmeier (SPD), am 8. März zu vernehmen. Am selben Tag soll auch Ex-Innenminister Otto Schily in den Zeugenstand treten. SPD-Ausschuss-Obmann Thomas Oppermann zeigte sich optimistisch, dass die "Affäre Kurnaz" nun "innerhalb der nächsten vier bis fünf Wochen" geklärt werden könne. Im Kern geht es weiter um die Frage, ob die USA schon im Herbst 2002 und damit wenige Monate nach der Inhaftierung von Kurnaz in Guantánamo auf Kuba ein ernsthaftes Freilassungsangebot unterbreiteten, das Steinmeier wegen angeblicher Sicherheitsbedenken womöglich in den Wind schlug. Die drei gestern angehörten Geheimen hatten Kurnaz im September 2002 in Guantánamo nach mutmaßlichen Verbindungen zur islamistischen Terrorszene befragt. Dabei waren sie - wie bekannt gewordene Aktenvermerke ergaben - zu dem Schluss gekommen, "dass Kurnaz offensichtlich aufgrund seiner ausgeprägten Naivität in die jetzige Situation hineingeschlittert ist". Die Schlapphüte waren außerdem zu der Überzeugung gelangt, "dass Kurnaz lediglich zu falscher Zeit am falschen Ort war, jedoch nichts mit Terrorismus, geschweige denn Al Kaida, zu tun hat". Demgegenüber deutete Oppermann "unterschiedliche Bewertungen" der drei Geheimdienstler an. Auch zeige die Aktenlage, dass die USA "wohl nicht bereit gewesen" seien, Kurnaz freizulassen. Außenamtschef Steinmeier suchte sich gestern erneut zu verteidigen. Angesichts der "damals vorliegenden Informationen" sei die Entscheidung richtig gewesen, Kurnaz nicht wieder einreisen zu lassen, meinte er. Doch wozu diese Entscheidung, wenn die USA Kurnaz angeblich gar nicht freilassen wollten? Die Frage wird den Untersuchungsausschuss am 8. März garantiert beschäftigen. Rückendeckung bekam Steinmeier von seinem damaligen Dienstherren Gerhard Schröder. Für den Altkanzler hat Steinmeier "völlig korrekt gehandelt". Nach einer ARD-Umfrage sehen dies 60 Prozent der Deutschen genauso.

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