Hilfe zur Selbsthilfe

Viel Betrieb herrscht im Demenz-Zentrum für die Region Trier. Die engen Büro- und Gruppenräume in dem Nebengebäude des Elisabeth-Krankenhauses sind regelmäßig ausgebucht.

Trier. Sonnenblumen auf dem Tisch, große Teddybären zum Knuddeln, ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel mit riesigen Plastik-Figuren: Ein bisschen sieht es aus wie im Knuselraum eines Kindergartens. Wäre da nicht die große Flip-Chart, auf der in sicherer Handschrift 40 Begriffe stehen, die den Bestandteil "Obst" enthalten.

Solche Art von Gedächtnistraining brauchen Vorschulkinder meistens nicht. Wohl aber die Menschen, die ins Demenz-Zentrum kommen. Meist sind es ihre Angehörigen, die den Weg in die Beratungs- und Betreuungsstätte suchen.

Wenn sich hier die Gruppen unter der Leitung erfahrenen Pflegepersonals treffen, nutzen die Familienmitglieder manchmal die Gelegenheit für eine Auszeit. Ehrenamtliche Helfer machen es möglich, dass gemeinsam Sport getrieben, gebacken, manch ein Schwätzchen gehalten, aber eben auch das Gedächtnis trainiert wird. Zudem ist das Demenz-Zentrum ein Umschlagplatz für Informationen rund um die Krankheit.

Und da gibt es durchaus gute Nachrichten: "Es tut sich viel, auch in wissenschaftlicher Hinsicht", sagt Professor Bernd Krönig. Man sei dabei, neue, bessere Medikamente zur Verlangsamung des Zellsterbens zu entwickeln - und damit auch die Demenz zu bremsen. Der Internist und ehemalige Chefarzt gehört nicht zu den Panikmachern: Der Großteil der Senioren, erlärt er, brauche auch im hohen Alter nicht mit dementiellen Veränderungen zu rechnen. Aber Krönig lässt keinen Zweifel daran, dass die Zahl der Erkrankten noch viele Jahre lang steigen wird.

Die Politik hat das Problem grundsätzlich erkannt und spürbar mehr Mittel zur Verfügung gestellt, um Angehörige zu unterstützen, die Demenzkranke zu Hause betreuen. Man will gerade eine niederschwellige, auf Hilfe zur Selbsthilfe angelegte Arbeit fördern.

"Eigentlich liegen wir genau richtig", sagt Stefan Kugel, einer der beiden Halbtags-Mitarbeiter. Das Problem liegt beim "eigentlich": Bis sich in ein paar Jahren das System eingependelt hat, brauchen Einrichtungen wie das Demenz-Zentrum eine solide finanzielle Grundlage. An der Nachfrage fehlt es nicht, wohl aber an einem finanzierbaren Angebot. "Wir könnten doppelt so viel machen", versichert Kugel.

Was ihm und seiner Kollegin Uschi Wihr vorschwebt, ist eine breit angelegte Beratung, die die ganze Region abdeckt. Eine Art Kompetenz-Zentrum soll entstehen, das Patienten und Angehörigen in allen Fragen zur Seite steht und sich um Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Parallel sollen die Möglichkeiten ausgebaut werden, Demenzkranke für kürzere Phasen bei qualifizierter Betreuung unterzubringen. "Damit sich die Angehörigen auch mal um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern können", betont Uschi Wihr. Aber dafür bräuchte man ein größeres Budget als die derzeitigen 60 000 Euro pro Jahr, von denen die Kassen die Hälfte, das Land und die Kommunen je ein Viertel finanzieren - bis maximal 2010, dann wird es zappenduster. Das Haus der Gesundheit, das die Initiative trägt, verfügt nicht über freie Eigenmittel, Geldgeber sind nicht in Sicht.

So macht sich Professor Krönig, selbst Ruheständler, nicht nur Sorgen um die Zukunft seiner Mitarbeiter, sondern auch um die Patienten. Denen sei die Zuwendung, die sie im Demenz-Zentrum erhalten, ausgesprochen wichtig. Das emotionale Gedächtnis, sagt Krönig, funktioniere länger als andere Erinnerungen. Seine Erfahrung: "Ein gutes Wort, ein freundlicher Umgang erreicht auch die, die alles andere schon vergessen haben. "

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