Historische Zäsur

So umstritten - und mittlerweile widerlegt - die Kriegsbegründung von US-Präsident George W. Bush auch war: Der Sturz des Despotenregimes und die Möglichkeit, erstmals bei einem Urnengang tatsächlich auch eine Wahl zu haben, bietet dem irakischen Volk nun die Chance, einen ersten Schritt zur Selbstverantwortung zu tun.

Denn irgendwann werden die letzten amerikanischen Truppen abgezogen sein, womit dann für die Bevölkerung auch die Möglichkeit entfällt, den "Besatzern" für alles Übel im Lande die Schuld zu geben. Man kann, muss aber nicht für diese "Stunde X" schwarz sehen. Denn die Schiiten, die aller Voraussicht nach den Wahlsieger stellen werden, haben bereits erkennen lassen, dass sie eine Beteiligung der Sunniten in der Nationalversammlung und Regierung als Voraussetzung dafür ansehen, dass das Demokratie-Projekt funktioniert - und der Irak nicht entlang ethnischer Fronten zersplittert. Eine andere Frage ist jedoch, wie später Iraks Sicherheitskräfte damit fertig werden, auf sich allein gestellt zu sein - auch angesichts totalitärer Nachbarländer, die nicht unbedingt an einem "Leuchtturm der Demokratie" in unmittelbarer Nähe Interesse haben dürften, und so einen Anlass haben, weitere Unruhen zu fördern. Zu erwarten, dass nach den Wahlen das Land schnell zur erhofften Ruhe findet, wäre deshalb töricht. Wahlen sind angesichts der vorhandenen Spannungen gewiss kein Allheilmittel. nachrichten.red@volksfreund.de

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