Hohe Erwartungen vor Comey-Anhörung im US-Geheimdienstausschuss

Los Angeles/Washington · Am Donnerstag soll der im Mai gefeuerte FBI-Direktor James Comey vor dem amerikanischen Geheimdienstausschuss im Senat aussagen. Seine Worte sollen Aufklärung bringen in der Frage, ob Präsident Trump versucht hat, Ermittlungen des FBI gegen einige seiner Vertrauten abzubiegen.

Tim Weiner kennt das FBI, er hat gerade ein Buch über die amerikanische Bundespolizei geschrieben, das sich glänzend verkauft. Er kennt sowohl James Comey, den im Mai gefeuerten Direktor, als auch dessen Vorgänger Robert Mueller, der nun als Sonderermittler herausfinden soll, was dran ist an Vorwürfen, wonach sich Berater des Wahlkämpfers Donald Trump geheime Absprachen mit dem Kreml trafen. 36 Stunden vor Comeys Auftritt im Geheimdienstausschuss des Senats spricht der Bestsellerautor Weiner von einem Meilenstein, während er in der imposanten Stadtbibliothek von Los Angeles Bücher signiert.

Leute wie Comey, sagt er, ließen sich durch nichts einschüchtern, durch niemanden davon abbringen, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Auch nicht von Donald Trump. "Diese Leute sind Gottesgeschenke. Wenn jemand die Republik retten kann, dann sind es die Topleute des FBI."

Die Rettung der Republik: So übertrieben das klingen mag, es spricht Bände über die Erwartungen, die sich mit Comeys ersten öffentlichen Aussagen seit seiner Entlassung verbinden. Für das liberale Amerika ist es nach wochenlangem Vorgeplänkel der eigentliche Beginn eines Untersuchungsmarathons, der womöglich mit Trumps Amtsenthebung endet - wenn auch frühestens nach der Kongresswahl im Herbst 2018, und wohl auch nur dann, wenn die Demokraten den Republikanern die Mehrheit im Parlament abnehmen. Für die Anhänger der Präsidenten ist es der vorläufige Höhepunkt einer Hexenjagd, aus der ihr Held letztlich gestärkt hervorgehen wird, weil es keine Beweise gebe für die Vermutung geheimen Kungelns mit dem Kreml.

Der Geheimdienstausschuss wiederum ist streng genommen nur ein Nebenschauplatz: Im Mittelpunkt des Interesses steht Mueller, der 72 Jahre alte Sonderermittler, der als Muster des integren Profis gilt. Als eine Art Startschuss für eine Phase, in der es wirklich ernst wird, hat Comeys Auftritt im "Senate Intelligence Committee" allerdings eine nicht zu unterschätzende symbolische Bedeutung.

Sollte der Geschasste tatsächlich die These erhärten, nach der Trump versuchte, Ermittlungen des FBI gegen einige seiner Vertrauten abzubiegen, wäre dies eine schwere Bürde für den Mann im Oval Office. Nach allem zu urteilen, was bislang an die Medien durchgedrungen ist, zog der damalige FBI-Chef den Zorn des Präsidenten auf sich, weil er sich nicht beirren ließ in seinem Ansinnen, Licht ins Dunkel der sogenannten Russland-Connection zu bringen.

Bereits im Januar hatte ihn Trump bei einem Abendessen im Weißen Haus aufgefordert, ihm die Treue zu schwören, was Comey ablehnte. Im Februar wurde der Jurist gebeten, nicht länger gegen Michael Flynn zu ermitteln, den nach nur drei Wochen im Amt zurückgetretenen Nationalen Sicherheitsberater, der mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak mauschelte und sich als Lobbyist von der türkischen Regierung bezahlen ließ. Am Mittwoch, nicht zufällig am Tag vor der Anhörung Comeys, präsentierte Trump schließlich dessen Nachfolger: Der Spitzenanwalt Christopher Wray soll die oberste Polizeibehörde leiten.

Hatte der Präsident zwischenzeitlich mit dem Gedanken gespielt, einen prominenten Politiker zu berufen, etwa den früheren Senator Joe Lieberman, so entscheidet er sich nun für einen Experten auf dem Gebiet der Strafverfolgung. Wray, Absolvent der Eliteuniversität Yale, diente von 2003 bis 2005 als stellvertretender Justizminister im Kabinett George W. Bushs. Als solcher leitete er eine Taskforce, die dem Betrugsskandal um den Enron-Konzern auf den Grund gehen sollte. Später in die Anwaltskanzlei King & Spalding gewechselt, vertrat er unter anderem Credit Suisse, die von den US-Behörden wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ins Visier genommene Schweizer Bank. Zudem beriet er Chris Christie, den Gouverneur New Jerseys, der wegen einer Affäre namens "Bridgegate" unter Druck geraten war. Dabei ging es um die Frage, ob Vertraute des Republikaners in einem Akt politischer Rache an einem unliebsamen Bürgermeister gezielt einen Megastau auslösten. An einer Zufahrt zur George-Washington-Brücke, die New Jersey mit New York verbindet, ließ man im Herbst 2013 ohne ersichtlichen technischen Grund gleich mehrere Fahrbahnen sperren. Die Brückenaffäre trug maßgeblich dazu bei, Christies Chancen im Präsidentschaftswahlkampf des Jahres 2016 zu schmälern. Wenn Wray sich den vorgeschriebenen Anhörungen im Kongress stellen muss, um als FBI-Chef bestätigt zu werden, dürfte das Kapitel erneut zur Sprache kommen.

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