Hürdenlauf beim Einkauf

TRIER. Was für junge Menschen ein Klacks ist, ist für Senioren oftmals mit Strapazen und Handicaps verbunden: das Einkaufen. Der Trierische Volksfreund begleitete die 78-jährige Angela Prem auf ihrer anstrengenden Einkaufstour.

 Für Senioren wie Angela Prem wird das Einkaufen oft zur Tortur.Foto: K. Krämer

Für Senioren wie Angela Prem wird das Einkaufen oft zur Tortur.Foto: K. Krämer

Wenn eine alte Frau von 78 Jahren zum Einkaufen geht, hat sie am Ende eine Höchstleistung vollbracht. Dennoch lässt sich Angela Prem, die im "Betreuten Wohnen für Senioren" in Trier lebt, das Besorgen von Lebensmitteln nicht nehmen: "Das ist für mich eine willkommene Abwechslung. Man sieht mal was anderes." Mit ihrem Rollator, einer Gehhilfe, in der auch Platz für ein paar kleine Einkäufe ist, geht sie los. Sonderangebote interessieren sie nicht. Hauptsache, der Supermarkt liegt um die Ecke. "Zwar ist das andere Geschäft billiger, aber weiter entfernt. Bis dahin traue ich mich nicht", sagt sie. Prem leidet an Arthrose. "Und außerdem kenne ich mich in meinem Laden aus", fügt sie hinzu. Im Schneckentempo meistert sie den 500 Meter langen Weg von ihrer Wohnung zum Geschäft. Die Angst, dass jemand ihr das Portemonnaie aus der Tasche im Rollator klaut, ist ständiger Begleiter. An einer Ampel stößt sie an Grenzen. Konzentriert wartet sie auf das grüne Signal. Hat sie nach einiger Mühe die Hürde Bordstein genommen und die Straße betreten, schaltet die Ampel schon wieder auf rot. "Das bin ich gewohnt. Die müssen jetzt warten", sagt Angela Prem vertrauensselig.Preise vergleichen ist zu mühselig

Noch ein paar Meter, und das Ziel Supermarkt ist erreicht. Eine Stufe vor dem Geschäft kann sie nur mit Hilfe "galanter" Menschen nehmen. "Die finden sich meist", sagt Angela Prem, die sich daran gewöhnt hat, auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. In dem bekannten Laden steuert sie gezielt auf den Gemüsestand zu, packt Bananen ein. Fährt an dem Kühlregal vorbei, lädt wahllos ein paar Joghurts in den Korb. Preise vergleichen ist ihr zu mühselig, denn "die Augen lassen nach". Das Warten an der Brottheke fällt ihr schwer. "Meine Beine schmerzen", beklagt sich die alte Dame. Doch tapfer wartet sie, bis sie an der Reihe ist. Um das Regal mit einer großen Auswahl an Getränken macht die Seniorin einen weiten Bogen: "Ich habe Angst mit dem Rollator hängen zu bleiben und etwas umzuwerfen, was ich dann bezahlen muss." Scheu, eine Verkäuferin zu fragen, ob diese ihr ein paar Feuchttücher holen kann, hat Angela Prem nicht. Die Marke und der Preis interessieren wieder nicht. Hauptsache, der Einkauf ist schnell erledigt. Mit ein paar Lebensmitteln und Drogerie-Artikeln ist der Einkaufskorb der Gehhilfe schnell gefüllt. An der Kasse heißt es noch einmal warten. Dass eine Menschenschlange beim Bezahlen hinter ihr steht, macht die Seniorin sehr nervös. "Ich weiß, dass es schnell gehen soll", sagt Angela Prem und zückt ihr Portemonnaie. Die Euro-Umstellung hat ihr sehr zu schaffen gemacht. Jetzt dauert das Suchen nach Geld noch länger. Mit Argusaugen hält sie die Ware auf dem Rollband im Blick. Wieder ist die Angst da, dass der Kunde nach ihr schneller ist und vielleicht ihre Lebensmittel mit einpackt. "Schön wäre es, wenn jemand da steht und die Sachen in einer Tüte verstaut. So wie früher", wünscht sich die 78-Jährige. Der Einkauf ist geschafft. Ausdauernd bewältigt sie den zeitintensiven Heimweg. Die Strapazen stehen ihr ins Gesicht geschrieben, und die Beine tun weh. "Jetzt packe ich alles ein und dann muss ich mich erst einmal ausruhen", sagt Angela Prem. Anfang Herbst hat sich ihre Schwester zum Kleider kaufen angekündigt, denn "das würde ich alleine nie schaffen". Große hektische Kaufhäuser schrecken sie ab. "Und das Anprobieren ist viel zu anstrengend", sagt die Seniorin, die ihr letztes neues Kleidungsstück im vergangenen Jahr gekauft hat - in einem Geschäft, das auf dem Weg zum Supermarkt liegt.

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