"Ich bin kein Revoluzzer!"

Was hat Stephan Ackermann nach seiner Wahl zum Bischof als erstes gemacht, nachdem er nach Hause kam? - Sich und seinen Weihbischofskollegen eine Pizza in den Ofen geschoben. Auch ein Bischof hat schließlich Hunger. Im TV-Interview verrät der 46-Jährige auch, dass er keine Schubladen mag, aber Ray Charles. Mit Stephan Ackermann sprachen Rolf Seydewitz und Manuel Kölker.

Trier. (sey) Wie haben Sie die ersten Stunden als Bischof in spe erlebt?

Ackermann: Es waren sehr bewegende, aber auch freudige Stunden, weil ich gespürt habe: Es gibt viel Zuspruch. Die Woge an Sympathie tut gut.

Was haben Sie in Ihrer ersten ruhigen Minute gemacht, nachdem das Domkapitel Sie zum Bischof gewählt hatte?

Ackermann: Als alles vorbei war, haben wir einen Sekt getrunken. Dann sind meine beiden Weihbischofskollegen Robert Brahm und Jörg Peters noch mit zu mir gegangen. Nett, dass sie mich nicht alleine gelassen haben. Ich habe uns dann noch eine Pizza warm gemacht.

Wie hat sich seit der Bekanntgabe Ihr Leben geändert?

Ackermann: Es gab schon viele Medienanfragen in den letzten Tagen: Insofern gehöre ich jetzt noch weniger mir selbst als zuvor. Nach der Einführung wird sich wohl noch mehr ändern: Die Freizeit wird weniger, das Tageskorsett enger. Aber ich hoffe, dass ich mir Freiräume bewahren kann.

Was macht Stephan Ackermann in seiner Freizeit?

Ackermann: Ich radele gerne an der Mosel entlang. Hoffentlich ist das weiter möglich.

Dass er gerne Rad fährt, hat Ihr Vorgänger auch schon gesagt. Und außerdem sagen alle Priester, dass Sie gerne klassische Musik hören, lesen und schon mal ein Gläschen Wein trinken. Haben Sie kein außergewöhnliches Hobby zu bieten?

Ackermann: Dadurch, dass ich in Rom studiert habe, liegt mir natürlich das Italienische (lacht). Aber das ist ja bei vielen anderen Priestern auch so. Ich höre noch gerne die "Wise guys", eine Kölner A-capella-Gruppe, und Ray Charles.

Wie schwierig war es, eine Woche lang schweigen zu müssen?

Ackermann: Ich kann schweigen, das war nicht so schwierig. Aber natürlich sind diese Tage eine besondere Form von Einsamkeit.

Ganz eisern geschwiegen haben Sie ja nicht, Ihre Eltern beispielsweise wussten schon drei Tage vor der Bekanntgabe von Ihrer "Beförderung". Wer noch?

Ackermann: Wirklich guten Freunden habe ich es vorher erzählt. Freunden, von denen ich wusste, dass sie auch schweigen können. Und natürlich habe ich Erzbischof Reinhard Marx informiert. Diese Menschen sollten es nicht durch die Medien erfahren.

Marx ist das Stichwort: Die Fußstapfen, die Ihr Vorgänger hinterlassen hat, sind nicht klein. Trotzdem - was wollen Sie besser machen als Reinhard Marx?

Ackermann: (lacht) Reinhard Marx hat es doch wirklich gut gemacht. Was ich an ihm bewundere, ist, dass er komplexe Dinge verständlich auf den Punkt bringen kann. Lassen Sie mich erst einmal anfangen, und dann sollen die Leute beurteilen, was vielleicht besser ist bei Ackermann.

Einer der Pflöcke, die unter Marx eingeschlagen wurden, ist der Strukturplan 2020. Sie haben gesagt: Mal schauen, ob nicht Akzent-Verschiebungen nötig sind. Was meinen Sie damit konkret?

Ackermann: Der Strukturplan ist ja noch ein Gerippe, da muss erst noch Fleisch dran. Kritisiert wurde in der Vergangenheit, dass zu sehr über Strukturen gesprochen wurde. Strukturen sind wichtig. Aber sie sind natürlich nicht das, wovon die Kirche lebt. Entscheidend wird sein, ob und wie es uns gelingt, diese Strukturen mit Religiosität, Spiritualität und Freude am Glauben zu beleben. Dabei sollten wir berücksichtigen, dass Priester vor allem Seelsorger sein wollen. Sie wollen bei den Menschen sein und nicht nur pastorales Management betreiben. Zum Strukturplan gibt es aber keine Alternative.

Was werden Sie als erstes verändern, wenn Sie Ihr neues Amt angetreten haben?

Ackermann: Auf das Ganze zu schauen, ist für mich eine neue Rolle. Das heißt zunächst: hören und hinschauen.

Kirchen-Experten tun sich schwer damit, Stephan Ackermann in eine Schublade einzuordnen. Helfen Sie uns dabei: Würden Sie sich selbst als eher konservativ oder eher liberal bezeichnen?

Ackermann: Den Gefallen werde ich Ihnen nicht tun. Ich mag es nicht, wenn Leute in eine Schublade gesteckt werden. Also warten wir einmal ab, bis andere die Etiketten verteilen. Aber ein Revoluzzer bin ich nicht.

Versuchen wir's anders: Was sind Ihre positiven Eigenschaften, was Ihre negativen?

Ackermann: Andere bescheinigen mir, dass ich einen guten Blick für Personen und Situationen habe. Dazu eine gewisse Zähigkeit. Und Sorgfalt ist mir wichtig. Wenn etwas nicht sorgfältig ist, kann ich das nicht gut leiden.

Das könnte man ja auch als Erbsenzählerei bezeichnen

Ackermann: (lacht) Das mögen andere als Erbsenzählerei empfinden, ich würde es nicht so bezeichnen. Außerdem scheue ich mich nicht, Leitung wahrzunehmen. Eine Schwäche: Ich bin ungeduldig. Da muss ich aufpassen, dass ich die Mitbrüder, Mitarbeiter und Gläubigen mitnehme.

Wenn Sie so ungeduldig sind: Wie haben Sie denn dann die 14 Monate Warten ertragen?

Ackermann: Ich habe immer gesagt: Vakanz muss man aushalten. Und wenn es am Ende ein gutes Ergebnis gibt, entschädigt das auch fürs Warten.

Mischt sich Weihbischof Stephan Ackermann eigentlich auch unters "normale Volk", wenn er einmal frei hat?

Ackermann: Natürlich gehe ich auch ins Lokal, wenn Leute mich besuchen kommen. Und einkaufen gehe ich auch.

Was kostet denn ein Pfund Butter?

Ackermann: Bei Joghurt wüsste ich eher den Preis. Und das Walnuss-Brot, das ich immer kaufe, kostet 2,60 Euro.

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