"Ich bin vor der Realität geflohen"

Beinahe hätte er sein Leben im wörtlichen Sinn verspielt: Thomas Patzelt aus Schweich war vier Jahre lang spielsüchtig. Mit dem Volksfreund spricht er über seine Sucht und den Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

 Thomas Patzelt saß vier Jahre lang jeden Tag am Automaten. TV-Foto: Katja Bernardy

Thomas Patzelt saß vier Jahre lang jeden Tag am Automaten. TV-Foto: Katja Bernardy

Trier/Schweich. "Alles fing ganz langsam an", sagt der 40-Jährige. Während seiner Termine als Außendienstmitarbeiter schaufelte sich Thomas Patzelt immer wieder Zeit frei, um in die Spielhalle zu gehen. "Irgendwann war mein erster Gedanke nach dem Aufwachen: Ich habe noch Sonderspiele. Heute werde ich gewinnen." Gewonnen hat er manchmal, aber noch viel mehr hat er verloren: sehr viel Geld, seine Ehefrau, Freunde, den Bezug zur Realität. Und er kam mit dem Gesetz in Konflikt, als er kein Geld mehr hatte, aber dennoch weiterspielen wollte.

"Ich habe im Laufe von vier Jahren 100 000 Euro in Automaten geworfen." Sein Leben bestand aus Spielen und Lügen. "Niemand wusste davon. Ich habe immer Ausreden erfunden, wenn ich morgens früh nach Hause gekommen bin." Bis irgendwann der Druck des Doppellebens zu groß wurde, Ängste hinzukamen und er das dicke Minus in jeder Hinsicht unterm Strich erkannte.

Der Vater einer Tochter hat sich Hilfe geholt. Während eines zweimonatigen stationären Klinikaufenthalts haben ihm Einzel- und Gruppengespräche "und sehr viel Zeit zum Denken" geholfen, seine Sucht zu erkennen. "Sucht kommt von Suchen, und ich war auf der Suche nach mir selbst", sagt Patzelt. Erkannt hat er, dass er mit Problemen nicht umgehen konnte. "Schwierigkeiten habe ich immer vor mir hergeschoben. In die Spielhalle bin ich vor der Realität geflohen."

Patzelt leitet die Selbsthilfegruppe für Glücksspielsüchtige der Suchtberatungsstelle "Die Tür" in Trier. Er steht zu seiner Vergangenheit und will anderen Menschen Mut machen, die Spielsucht zu überwinden. "Heute halte ich die Zügel in der Hand und lebe viel bewusster."

Seit drei Jahren ist Patzelt "trocken", wie er sagt. Auch das Rauchen hat er aufgegeben. Am Frühstückstisch schmiedet er heute Pläne, anstatt an die Sonderspiele in der Spielhalle zu denken.

Hilfe bei Spielsucht: Nach dem Landesprogramm "Glücksspielsuchtprävention und Beratung Spielsüchtiger" sind in der Region die folgenden Beratungsstellen als Fachstellen anerkannt:

"Die Tür" Suchtberatung Trier e.V..Telefon: 0651/170360, Internet: www.die-tuer-trier.de.

Caritasverband Westeifel mit Beratungsstellen in Bitburg, Daun und Prüm. Telefon: 06561/9671-0, 06551/97109-0 und 06592/9573-0, Internet: www.rcvbitburg.caritas.de.

Caritasverband Mosel-Eifel-Hunsrück, Geschäftsstelle Wittlich. Telefon: 06571/9155-0, Internet: www.caritas-wittlich.de. (itz)

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