„Ich fühle mich in jedem Stadion sicher“ - Auch Fans von Eintracht Trier protestieren gegen DFL-Konzept

Trier · Mit breit angelegten Protestaktionen haben Fußball-Fans in den vergangenen Wochen bundesweit ihren Unmut über das vorgelegte Sicherheitskonzept kundgetan. Beteiligt haben sich auch Anhänger von Eintracht Trier. Die Fans sprechen von einer in Teilen wirklichkeitsfremden Diskussion.

Kein Thema beschäftigt Fußball-Deutschland derzeit so stark wie das vom Ligaverband DFL und vom DFB erarbeitete Konzept "Sicheres Stadionerlebnis". Dass über die Pläne so intensiv debattiert wird, hat aus Sicht von Thomas Endres eine gute und schlechte Seite: "Zum einen findet eine völlige Verdrehung der Realität statt. Ich fühle mich in jedem Stadion sicher. Andererseits ist ein Dialog zwischen verschiedenen Interessengruppen entstanden, der förderlich sein kann. Vielerorts befinden sich Fan- und Ultraszenen im Gespräch mit Vereinsvertretern. Das ist ein gutes Zeichen", sagt der Leiter des Trierer Fanprojekts, das Anlaufstelle für rund 100 Anhänger von Eintracht Trier ist. Die Fans des Regionalligisten haben sich auch an den jüngsten Stimmungsboykott-Aktionen beteiligt, obwohl der Maßnahmenkatalog nur für die erste und zweite Liga gelten soll. "Es dürfte aber klar sein, dass die Vorschläge über kurz oder lang auch ein Thema in den unteren Ligen werden", begründet ein Mitglied der aktiven Trierer Fanszene, das seinen Namen lieber nicht in der Öffentlichkeit platziert sehen will. Ganzkörperkontrollen, Streichung von Privilegien, Geisterspiele: Die ursprüngliche Fassung des Sicherheitskonzepts enthielt eine Reihe von Reizthemen für eingefleischte Fußball-Anhänger. Zwar ist die neue Version in einigen Bereichen entschärft, doch Endres traut dem Braten nicht: "Es steht in den neuen Anträgen nirgends, dass zum Beispiel Ganzkörperkontrollen verboten sind." Auch fehle ein klares Bekenntnis zu Stehplätzen. Beim Thema Kollektivstrafen verweist das Mitglied der Trierer Fanszene auf schlechte Erfahrungen im Kleinen: "Uns wurde wegen Sicherheitsbedenken schon mal das Mitbringen von Zaunfahnen untersagt. Die gehören aber zur Fankultur. Es fängt mit Fahnen an und endet vielleicht irgendwann in einem Verbot von Schals." Auch für ihn ist die Debatte derzeit völlig überhitzt - befeuert durch Zahlen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze der Polizei. "Da heißt es, dass die Zahl verletzter Zuschauer bei Fußballspielen gestiegen ist. Aber das wird nicht in Relation zu den insgesamt gestiegenen Besucherzahlen in deutschen Stadien gesetzt. Und außerdem wird nicht differenziert. Zu den Verletzten zählen nicht nur Opfer von Auseinandersetzungen, sondern auch Fans, die sich beim Treppensteigen den Knöchel verstaucht haben oder die Pfefferspray von der Polizei abbekommen haben. Unter dem Strich ist die Zahl verletzter Besucher pro Spiel verschwindend gering." Wo ist die Volksfestdebatte? Gleichzeitig sagen er und Endres, dass jeder Verletzte im Fußball natürlich einer zu viel ist. "Das darf man nicht verharmlosen. Aber wo ist die parallel zum Fußball geführte Volksfestdebatte? Dort gibt es prozentual wahrscheinlich mehr Verletzte durch Prügeleien", sagt Endres. Er plädiert dafür, den Vereinen mehr Einfluss zu geben: "Man sollte den Clubs vertrauen, dass sie Probleme vor Ort lösen können." Grundlage dafür wäre, dass es auch Selbstreinigungsprozesse in den Fanszenen gibt. "Das ist sicher möglich, aber auch nicht so einfach. Wer wird schon einem 120-Kilo-Mann sagen: Mach den Bengalo aus - vor allem, wenn er noch fünf Freunde um sich stehen hat", sagt das Mitglied der Trierer Fanszene. Endres ist dennoch überzeugt, dass es klappen kann: "Ein Selbstregulierungsprozess wird aber nur dann verstärkt, wenn den Anhängern Gehör geschenkt wird." Endres gesteht ein, dass gerade unter den Hardcore-Fans manches schwer zu vermitteln ist. "Die Ultras sind nicht immer bequem. Aber wenn Fans Teil des Problems sind, sind sie auch Teil der Lösung." Für ein besseres Miteinander sieht er auch die Polizei in der Pflicht. Das sieht auch der Fan aus der aktiven Trierer Szene so: "Die Polizei muss sich hinterfragen lassen. Beim Trierer Auswärtsspiel in Eschborn zum Beispiel gab es null Risikopotenzial. An der Sportanlage wurden wir dann aber von einer Hundertschaft empfangen. Gereicht hätten zwei Streifenwagen. Viele Beamten trugen gepanzerte Uniformen. So etwas provoziert eine aggressive Grundstimmung." bl

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