"Ich fühle mich zu Hause"

Seit 1994 ist Kurt Beck Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Bis 2011 will er Projekte wie die Schul- und die Kommunalreform unter Dach und Fach bringen und das Thema Weiterbildung auf die Agenda setzen.

 Will als Ministerpräsident auch weiterhin seinen Einfluss geltend machen: Kurt Beck. TV-Foto: Friedemann Vetter

Will als Ministerpräsident auch weiterhin seinen Einfluss geltend machen: Kurt Beck. TV-Foto: Friedemann Vetter

Mainz. (fcg) Die Staatskanzlei in Mainz ist seit einigen Monaten eine Baustelle. Der Ministerpräsident residiert während der Renovierung in einem anderen Gebäude. Mit der Landesregierung hat er sich bis zum Ende der Legislaturperiode dennoch einiges vorgenommen. Mit Kurt Beck sprach unser Korrespondent Frank Giarra.

Herr Ministerpräsident, die CDU lästerte, Rheinland-Pfalz sei kein "Biotop" für gescheiterte Berlin-Politiker. Wie sehen Sie das?

Beck: Ach, das ist doch dummes Geschwätz.

Sie fühlen sich nicht wieder zu Hause in ihrem "Biotop"?

Beck: Ich fühle mich zu Hause! Und wenn man schon Länder so bezeichnen will, dann ist Rheinland-Pfalz eines der gesündesten "Biotope". Alles andere ist dummes Zeug. In der Politik muss man wissen, dass man gewinnen und verlieren kann, und sich die Kraft bewahren, selbst zu entscheiden, wann es von welcher Sache genug ist. Aber ich glaube, diejenigen, die so reden, hätten sich gewünscht, dass ich in Zukunft woanders wäre. Aus solchen Formulierungen spricht eher eine gewisse Enttäuschung: Jetzt läuft der uns hier wieder in den Füßen herum.

Fühlen Sie sich als "Nur"-Ministerpräsident in Berlin noch genauso gehört und geachtet wie als SPD-Chef?

Beck: Ich sitze nicht mehr mit am Tisch der Koalitionsrunde. Aber Sie können davon ausgehen, dass man seinen Einfluss nicht einfach verliert. Außerdem sind wir das einzige SPD-geführte Land mit einer absoluten Mehrheit, und ich koordiniere nach wie vor die SPD-Länder im Bundesrat. Und der Bund sucht, wenn er bestimmte Entwicklungen ausloten möchte, das Gespräch mit langjährigen Ministerpräsidenten. Das findet weiterhin auch in Vier-Augen-Gesprächen mit der Kanzlerin statt.

Wie ist denn Ihr Verhältnis zur neuen SPD-Spitze, etwa zum Vorsitzenden Franz Müntefering?

Beck: Sachlich. Vernünftig.

Und zu Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier?

Beck: Wir haben immer eine besondere und persönlich gute Beziehung gehabt, und das gilt auch weiter. Wir kennen uns ja schon aus der Zeit, als er noch Chef der Staatskanzlei in Hannover war.

Wie geht es weiter in Rheinland-Pfalz, kandidieren Sie 2011 noch einmal?

Beck: Wenn der liebe Gott mir nicht Grenzen setzt, dann habe ich nicht die Absicht, in Pension zu gehen oder darüber nachzudenken.

Treten Sie noch einmal für eine volle Legislaturperiode an?

Beck: Ich würde gerne meine Aufgaben noch umsetzen, ja.

Als es hieß, dass Sie nach Berlin gehen, haben sich einige Menschen Chancen ausgerechnet, Ministerpräsident zu werden.

Beck: Es ist schön, dass wir so viele Leute haben, die dafür in Frage kommen. Ich habe in den vergangenen Jahren viel getan, um über die Generationenstaffeln hinweg Leute zu haben, die in der Lage sind, die Aufgabe zu übernehmen. Im Kabinett ist die nächste Generation die der 40-Jährigen. Auch eine politische Generation dahinter, wenn ich in unsere Fraktion und in den Landesvorstand schaue, haben wir fähige Leute.

Gesetzt den Fall, Sie werden wiedergewählt, müssen diese "Kronprinzen" noch acht Jahre warten. Fürchten Sie nicht, dass die dann unruhig werden?

Beck: Erstens: Wenn man Anfang oder Mitte 40 ist, dann ist das keine schlechte Perspektive, ein solches Spitzenamt zu übernehmen. Zum zweiten: In Rheinland-Pfalz ist es nicht so. Nachdem ich den Bundesvorsitz niedergelegt habe, habe ich mir bewusst die zwei, drei Tage Zeit gelassen, um hier zu fragen: Wie seht ihr das? Es war ein glücklicher Zufall, dass am Wochenende darauf der Landesparteitag war, der eine eindeutige Entscheidung gebracht hat. Wenn es Heckenschützen gäbe - die es bei uns Gott sei Dank nicht gibt - wäre das der Zeitpunkt gewesen, um Zeichen zu setzen. Aber das Gegenteil ist richtig. Wir kennen uns gut und intensiv bis hin zu persönlichen Freundschaften, was in der Politik eher selten ist.

In der Generation um die 30 hat sich ein neues linkes Netzwerk "DL 21" formiert.

Beck: Das ist völlig unbeachtlich. Da sind 20 Leute einem Verein, den es bundesweit gibt, beigetreten. Das hat keine Bedeutung.

Welche Projekte wollen Sie in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode noch umsetzen?

Beck: Eine ganze Menge. Wir sind in der Umsetzungsphase von politisch entschiedenen Projekten, Stichworte Schulreform und Hochschulen. Wir sind in der Entscheidungsphase der kommunalen Gebietsreform und wir werden einen deutlichen Schwerpunkt auf die Weiterbildung setzen.

Kommt dazu ein spezielles Programm mit zusätzlichem Geld?

Beck: Im Haushalt sind wir da ganz ordentlich aufgestellt. Es geht darum, dass wir alle Beteiligten mit am Tisch haben: Wir haben zu dem Thema Kontakte mit dem DGB und insbesondere zur IG BCE aufgenommen, dort gibt es schon Modelle für Weiterbildung. Davon ausgehend, will ich den Bogen weiter spannen. Auch am Ovalen Tisch für Ausbildung sind wir uns im Klaren: Genug Fachkräfte für die Wirtschaft bedeutet, jetzt einen Schwerpunkt für Weiterbildung zu setzen. Im weiteren Verfahren werden wir die Hochschulen einbeziehen und in Abstimmung mit den Kammern auch die berufsbildenden Schulen.

Stichwort Kommunalreform: Wird es auch eine Gebietsreform geben, und wie stellen Sie sich die kommunale Landkarte vor?

Beck: Es wird sicher Veränderungen geben. Wir führen derzeit intensive Gespräche auf der Fraktionsebene, und ich wünsche mir noch in diesem Jahr eine entsprechende Initiative im Parlament. Dann wissen wir, wie das Parlament denkt - und die kommunalen Spitzenverbände. Dazu kommen die Ergebnisse der ersten Bürgerbeteiligung. Auf dieser Basis startet die zweite Bürgerbeteiligung. Dann wird es einen Gesetzentwurf geben, der aus meiner Sicht vorliegen sollte, bis die Kommunalwahl (Juni 2009, d. Red.) ansteht.

Verraten Sie uns noch Ihre Einschätzung zu den Turbulenzen bei der CDU im Land?

Beck: Ich kann nur sagen, dass ich das mit einigem Erstaunen wahrnehme, aber die Landesregierung dazu nicht Stellung nehmen wird. Mir ist eine allgemeine Lebensweisheit wieder in Erinnerung gekommen: Wer sich Leute holt, die skrupellos sind, der spürt es irgendwann am eigenen Leib. Weil deren Skrupellosigkeit nicht mit dem Ausscheiden aus bestimmten Diensten endet.

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